Friedenstauben : Heftige Kritik von CDU und Grünen an SPD-„Manifest“

Mit scharfen Worten kommentieren Politiker der CDU und Grünen in Interviews die Forderung prominenter SPD-Politiker nach einer Kehrtwende in der Sicherheits- und Außenpolitik. Die AfD wiederum sieht sich bestätigt
Die Forderung prominenter SPD-Politiker nach einer Kehrtwende in der Sicherheits- und Außenpolitik der Bundesregierung ist in der Union auf scharfe Kritik gestoßen. „Die Lernkurve der SPD in Sachen Russland-Politik erinnert an einen Hirntoten“, sagte der CDU-Politiker Dennis Radtke am Donnerstag dem „Handelsblatt“. Wer drei Jahre nach Kriegsbeginn immer noch nicht verstanden habe, dass Kremlchef Wladimir Putin Schwäche als Einladung verstehe, immer weiter zu gehen, der sei „mindestens gefährlich naiv“.
Radtke sagte, die „Moskau-Connection in der SPD“ versuche, „den neuen Sound und die neue Richtung der Bundesregierung offen zu konterkarieren“. Radtke sieht nun den SPD-Chef am Zug. „Lars Klingbeil muss schnell für Klarheit sorgen, wer in der SPD in diesen Fragen Koch und wer Kellner ist.“
Verständnis für den Wunsch nach Frieden äußerte dagegen der Parlamentarische Staatssekretär im SPD-geführten Bundesverteidigungsministerium, Nils Schmid. „Nur Putin teilt ihn nicht im Gegenteil: „Er überzieht die Ukraine mit immer neuen Angriffen“, sagte Schmid dem „Handelsblatt“.
Dem „Manifest“ attestierte Schmid allerdings einen „sehr eindimensionalen Blick in die Geschichte“. Vor allem nehme der Text die veränderte Bedrohungslage nicht zur Kenntnis. „Es ist falsch, das Russland von Wladimir Putin mit der Sowjetunion gleichzusetzen“, sagte der SPD-Politiker.
„Nicht nur naiv, brandgefährlich“
Kritik an dem „Manifest“ kam auch von den Grünen. „Russland führt einen brutalen, völkerrechtswidrigen Krieg, verübt Kriegsverbrechen und attackiert Europa längst auch im Inneren - mit Cyberangriffen, Desinformation und Sabotage“, sagte der Grünen-Innenpolitiker Marcel Emmerich. In dieser Lage von einer „sicherheitspolitischen Kehrtwende“ zu sprechen, sei „nicht nur naiv, es ist brandgefährlich“.
Die AfD sieht sich dagegen durch den SPD-Vorstoß in ihrer Haltung zum Ukraine-Krieg bestätigt. „Das SPD-Manifest fordert Gespräche mit Russland und insofern eine Wende in der Außenpolitik. Diese fordern wir seit Jahren – und wurden dafür beschimpft als angebliche Putin-Freunde“, sagte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Bernd Baumann, dem „Handelsblatt“.
Prominente Stimmen in der SPD waren zuvor auf Distanz zur Außen- und Sicherheitspolitik der Bundesregierung gegangen, darunter Ex-Parteichef Norbert Walter-Borjans, der frühere Fraktionschef Rolf Mützenich und der Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner. In dem Grundsatzpapier kritisieren sie eine „militärische Alarmrhetorik“ und fordern Gespräche mit Russland sowie einen Stopp der Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen in Deutschland.
In der SPD-Bundestagsfraktion löste der Vorstoß Verärgerung aus. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) reagierte zurückhaltend und betonte die Einigkeit in der Regierung mit Blick auf den Ukraine-Krieg.