Prozess gegen „Diddy“

Sexsklavin eines Weltstars – „Ich kann die Scham, die Schuld nicht mehr ertragen“

Von Sandra Hackenberg
Veröffentlicht am 15.05.2025Lesedauer: 4 Minuten

Die R&B-Sängerin und langjährige Lebensgefährtin von „Diddy“, Cassie Ventura, schilderte wie schon am Vortag, wie sie der Angeklagte über Jahre durch Drohungen, Gewalt und Drogen als Sexsklavin gehalten haben soll.

Die Ex-Freundin des wegen Sexhandels angeklagten Musikstars „Diddy“ berichtet vor Gericht, wie sie der Angeklagte zehn Jahre lang durch Drohungen, Gewalt und Drogen als Sexsklavin gehalten haben soll. Als sie ging, erhielt „Cassie“ 20 Millionen US-Dollar – und einen letzten Denkzettel.

Am dritten Verhandlungstag im Prozess gegen „Diddy“ erhielt die Jury im Gericht in New York weitere schockierende Einblicke in das lange verborgene Doppelleben des gefallenen Megastars. Die R&B-Sängerin und langjährige Lebensgefährtin von „Diddy“, Cassie Ventura, schilderte wie schon am Vortag, wie der Angeklagte sie über Jahre durch Drohungen, Gewalt und Drogen als Sexsklavin gehalten haben soll. Als sie die zehnjährige Beziehung schließlich beendete, soll Sean „Diddy“ Combs sie zum Abschied noch einmal vergewaltigt haben.

„Cassie“, so ihr Künstlername, erzählte im Verfahren, der Rapper sei 2018 in ihre Wohnung in Los Angeles eingedrungen und habe sie auf dem Wohnzimmerboden vergewaltigt, nachdem sie gesagt hatte, dass sie mit ihm Schluss machen würde. Zuvor habe sie sich mit dem Angeklagten zu einer Art Abschiedsgespräch getroffen. Als er sie nach Hause gebracht habe, sei er mit ins Haus gekommen und über sie hergefallen.

Die Zeugin berichtete auch, wie die Beziehung und damit ihr Martyrium begonnen hatte. Sie habe Combs 2005 kennengelernt, als sie 19 und er 37 war. Combs unterzeichnete mit ihr einen Zehnjahresvertrag bei seinem Label Bad Boy Records. Innerhalb weniger Jahre begannen sie, miteinander auszugehen. Die 37-Jährige sagte auch aus, sie habe in all den Jahren nicht das Gefühl gehabt, dass sie Combs' Forderung ablehnen konnte, an „Hunderten“ Sexpartys mit männlichen Escorts teilzunehmen, die er stunden- und sogar tagelang beobachtete und filmte.

Wie viele Partys es genau gewesen sind, könne sie nur schätzen, sagte „Cassie“ aus. Es seien zu viele gewesen. Combs habe damit gedroht, die Videos zu veröffentlichen und sie „wie eine Schlampe aussehen“ zu lassen. „Ich hatte Angst um meine Karriere. Ich hatte Angst um meine Familie. Es ist einfach nur peinlich. Es ist schrecklich und abstoßend. Niemand sollte so etwas tun“, sagte sie.

Combs habe die junge Frau anfangs davon überzeugen müssen, dass es Spaß machen würde, mit ihm in Sex-Clubs zu gehen. Sie habe jedoch so viel Angst gehabt, dass sie jedes Mal davor sehr viel Alkohol getrunken habe. „Das war keine Erfahrung, die mir gefiel.“ Nachdem sie den Rapper verlassen hat, habe „Cassie“ nie wieder an einer Sexparty teilgenommen. Die Staatsanwaltschaft zeigte der Jury am Mittwoch fünf Standbilder aus den Sexvideos. „Cassie“ sagte, die Bilder zeigten sie in verschiedenen Stadien der Begegnungen, die Combs als „Freak-Offs“ bezeichnete. Ein Geschworener riss die Augen auf, ein anderer schüttelte den Kopf.

Nach außen wirkten Combs und Ventura, wie hier 2015 bei einer Benefizgala in New York, stets wie das perfekte Paar
Nach außen wirkten Combs und Ventura, wie hier 2015 bei einer Benefizgala in New York, stets wie das perfekte PaarQuelle: Charles Sykes/Invision via AP/dp

Die Sängerin berichtete, dass sie nach den Sexpartys Tage gebraucht habe, „um wieder zu heilen“. An ihre Musikkarriere sei nicht mehr zu denken gewesen. Sie sei nur noch damit beschäftigt gewesen, die körperlichen und seelischen Schäden des Missbrauchs zu lindern und zu vertuschen. Mundwunden, Magenprobleme, ständige Harnwegsinfektionen – nach einiger Zeit habe „Cassie“ durch den dauerhaften Drogenkonsum, zu dem sie der Angeklagte gezwungen haben soll, eine Abhängigkeit entwickelt. Aber gleichzeitig seien die Drogen das einzige Mittel gewesen, die Sexpartys zu ertragen, weil sie dadurch betäubt gewesen sei.

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„Cassie“ verklagte Combs 2023 und warf ihm jahrelangen körperlichen und sexuellen Missbrauch vor. Innerhalb weniger Stunden wurde die Klage durch die Zahlung von 20 Millionen Dollar beigelegt – eine Summe, die Cassie am Mittwoch erstmals bekannt gab. Doch es folgten Dutzende ähnlicher Klagen anderer Frauen, was die strafrechtlichen Ermittlungen gegen ihn auslöste.

Combs im Gerichtssaal, während Standbilder der Sexpartys mit Wunden der Zeugin gezeigt werden
Combs im Gerichtssaal, während Standbilder der Sexpartys mit Wunden der Zeugin gezeigt werdenQuelle: REUTERS/Jane Rosenberg

Combs bestreitet alle Vorwürfe und plädiert auf nicht schuldig. Seine Anwälte räumen zwar ein, dass der 55-Jährige gewalttätig sein könnte, argumentieren aber, dass der Sex, den er und andere hatten, einvernehmlich gewesen sei und nicht auf Sexhandel oder organisierte Kriminalität hindeute.

„Cassie“ sagte noch zu mehreren weiteren Gewaltausbrüchen aus und berichtete, dass sie unter einer posttraumatischen Belastungsstörung gelitten habe, bevor sie die Beziehung mit Combs beendete. So sei sie häufig ohnmächtig geworden und habe geschlafwandelt. Das Ganze habe Anfang 2023 seinen Höhepunkt erreicht, als sie beim Dreh eines Musikvideos „schreckliche Flashbacks“ erlebte.

Aufnahme aus einem Hotelzimmer, das Combs verwüstet haben soll. Er soll eine Vase nach seiner Freundin geworfen haben
Aufnahme aus einem Hotelzimmer, das Combs verwüstet haben soll. Er soll eine Vase nach seiner Freundin geworfen habenQuelle: via REUTERS/Department of Justice

Sie sagte, sie sei nach dem Videodreh nach Hause gegangen. Ihre beiden Kinder hätten geschlafen, aber ihr Mann sei da gewesen. „Cassie“ sagte, sie erinnere sich, wie sie ihm sagte: „Du schaffst das auch ohne mich. Du brauchst mich hier nicht mehr.“ Sie habe die Schmerzen nicht mehr ertragen können und versucht, aus der Haustür und auf die viel befahrene Straße zu laufen, „aber mein Mann ließ mich nicht.“ Anschließend unterzog sie sich einer Reha und Traumatherapie.

Auf die Frage, warum sie im Strafprozess gegen Combs aussagt, sagte „Cassie“: „Ich kann das nicht mehr ertragen. Ich kann die Scham, die Schuld nicht mehr ertragen.“

mit AP

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