Harvard-Astrophysiker fordert ein "Manhattan-Projekt für UFOs"

Bild aus dem "Gimbal-Video" eines US-Navy-Piloten, 2015. Bild: aaro.mil / US Gov.
Wissenschaftler fordern massive Investitionen. Professor Avi Loeb will ein Milliarden-Projekt nach historischem Vorbild. Was steckt hinter diesem ungewöhnlichen Vorstoß?
Die Entwicklung der Atombombe im Rahmen des sogenannten Manhattan-Projects hatte unter allen wissenschaftlichen und technischen Unternehmungen des 20. Jahrhunderts die wohl größte geopolitische Auswirkung. Könnte eine neue Art von "Manhattan-Projekt" zur Detektion und Erforschung von unidentifizierten Flugobjekten und Phänomenen (UFOs / UAP) eines der bedeutendsten wissenschaftlichen und KI-basierten Vorhaben des 21. Jahrhunderts werden?
Das politische und besonders das wissenschaftliche Klima rund um unidentifizierte Flugobjekte (UFOs) und anomale Phänomene im Luftraum (UAP) befindet sich seit Jahren im Wandel.
Waren UFOs jahrzehntelang als "fliegende Untertassen" unter den meisten Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen verpönt und als pseudowissenschaftlich verschrien, so öffnet sich auch die etablierte Wissenschaft seit einigen Jahren spürbar der ergebnisoffenen Erforschung dieser Phänomene:
In den USA hat das Pentagon mit der AARO (All-domain Anomaly Resolution Office, AARO) eine eigene Untersuchungsbehörde vornehmlich für UFO-Sichtungen durch US-Militär- und Geheimdienstmitglieder ins Leben gerufen.
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An der Harvard-University sucht Professor Avi Loebs "Galileo Project" nach Spuren außerirdischer Intelligenz im All wie auch am irdischen Himmel.
Die US-Raumfahrtbehörde Nasa unterhielt eine eigene UAP-Studie und hat ein UAP-Forschungsdirektorat einberufen.
Die neu gegründete "Society für UAP Studies" (Suaps) ist um die Integration der UFO-Forschung in den interdisziplinären Wissenschaftsbetrieb bemüht und veröffentlicht dazu mit "Limina" erstmals ein akademisches und mit Peer-Reviews arbeitende Journal for UAP Studies.
Mit dem "Interdisziplinären Forschungszentrum für Extraterrestrik" (Ifex) unter Prof. Hakan Kayal an der Universität Würzburg nimmt auch ein deutsches Forschungszentrum international eine führende Rolle im Bemühen um eine Verwissenschaftlichung der UFO-Forschung ein.
Neben Raumfahrttechnologien und der astronomischen Suche nach außerirdischer Intelligenz (Seti) werden am Ifex gemeinsam mit einem ebenso internationalen wie interdisziplinären Team assoziierter Mitglieder auch UFOs bzw. UAP erforscht – und das sogar ganz offiziell im Rahmen des Forschungskanons der Julius-Maximilians-Universität.
Allerdings gilt diese Forschung auch und gerade im akademischen Mainstream weiterhin als Randgebiet und leidet mehrheitlich an einer massiven Unterfinanzierung.
Erkenntnis über den Reiz am Fantastischen hinaus
Dabei sind die Aussichten nicht nur für UFO-Interessierte und Astronomie-Fans faszinierend: Die systematische Suche nach unbekannten Flugobjekten könnte nicht nur Hinweise auf außerirdisches Leben und Intelligenz liefern, sondern auch bislang übersehene Naturphänomene offenbaren und zur zivilen wie militärischen Flug-, Luft- und nationalen Sicherheit beitragen.
In einem Gastbeitrag auf der Seite grenzwissenschaft-aktuell.de hat der Harvard-Astrophysiker Loeb seine Vision und Forderung nach einer großen US-Forschungsinitiative nach dem Vorbild des "Manhattan-Projects" skizziert.
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Dabei spricht sich Loeb, ebenso wie Professor Kayal vom Ifex, dafür aus, die Erforschung von UFOs hauptsächlich auf die transparente Gewinnung neuer Daten mit eigens dafür bestimmten und kalibrierten Instrumenten, sowie jenseits jeglicher militärischen Geheimhaltung zu fokussieren.
"Das derzeitige UAP-Untersuchungsbüro (All-Domain Anomaly Resolution Office, AARO) im Pentagon konzentrierte sich bisher fast ausschließlich auf Daten vergangener Vorfälle und Sichtungen", so Loeb. "Diese sind jedoch nur eingeschränkt nützlich, weil sie heute nur noch schwer zu überprüfen sind. Zudem beschäftigt das AARO– im Gegensatz zum historischen Manhattan-Projekt - nicht nur die besten Wissenschaftler."
Ein Manhattan-Projekt für UFOs?
"Außergewöhnliche Behauptungen erfordern nicht außergewöhnliche Beweise, sondern außergewöhnliche (finanzielle) Mittel." Das "Manhattan-Projekt", das die erste Atombombe entwickelte, habe bis 1945 rund zwei Milliarden Dollar verschlungen – heute über 30 Milliarden Dollar. "Ähnlich wie Atomwaffen, so könnten UFOs und UAPs neue Technologien von höchster, auch sicherheitspolitischer Relevanz darstellen. Ihre Erforschung verdient mindestens drei Prozent des Manhattan-Projekt-Budgets – also rund eine Milliarde US-Dollar."
Loebs "UAP-Manhattan-Project" soll KI-Software entwickeln, um mit modernsten Sensorsystemen und landesweit verteilten Observatorien nach Anomalien am Himmel zu suchen, um so die wirkliche Natur von UAPs zu klären.
Das Projekt soll – so die Vision des Astrophysikers – neue KI-Werkzeuge entwickeln, um riesige Datenmengen, die durch modernste Kameras und Mehrwellenlängensensoren zu erfassen und multimodal auswerten.
Weiter schreibt Loeb: "Selbst unter der konservativen Annahme, dass alle derart detektierten technologischen Objekte irdischen Ursprungs sind, würde das Verteidigungsministerium am Ende von einem neuen Frühwarnsystem gegen nationale Bedrohungen profitieren."
Schließlich wäre es unklug, so argumentiert Loeb abschließend, zehn Milliarden US-Dollar etwa in das "Habitable World Observatory" der Nasa zur Suche nach Mikroben auf fernen Exoplaneten zu investieren, ohne wenigstens zehn Prozent dieses Betrags für die Untersuchung technischer Anomalien in Erdnähe bereitzustellen.
Universitäre UFO-Forschung in Deutschland
Während Loeb sich seine Forschungsgelder vom US-Kongress ersehnt, könnte das Würzburger Ifex schon mit weit weniger eine vergleichbare Funktion in Deutschland erfüllen.
Tatsächlich haben Kayal und Kollegen bereits ein KI-basiertes UAP-Observationssystem entwickelt, dessen Prototypen auf dem Dach der Universität, in Norwegen und bald auch am Schneefernerhaus-Wetterobservatorium unterhalb der Zugspitze im Einsatz sind.
Hier wird die KI unter freiem Himmel auf die Detektion und bestmöglich auch Identifikation aller möglichen Flugobjekte angelernt. Letztlich soll das System dann bekannte technologische und natürliche Objekte wie Satelliten, Flugzeuge, Ballons, Insekten, Vögel, atmosphärische und astronomische Phänomene von eventuell unbekannten und vielleicht sogar exotischen Objekten unterscheiden können. Ob diese dann außerirdischer Herkunft, ferngelenkte Drohnen oder sogar bemannt sind, müssten dann weitere Untersuchungen zeigen.
Selbst auf dem Mars könnte eine solche UAP-Kamera einmal zum Einsatz kommen. "Schließlich könnten nicht irdische UFOs auch den Mars besuchen, wenn sie denn existieren", so Kayal. Eine weitere UAP-Kamera des Ifex soll im Rahmen des Teilprojekts "Marssymphony" der Vamex-Initiative – Valles Marineris Explorer des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt werden. Schon heute wird dieses Projekt samt Mars-Kamera vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert und soll noch in diesem Jahr in einem irdischen Steinbruch getestet werden.
Neben der Hoffnung auf weitere öffentliche Förderung kann die UAP-Forschung der Ifex-Wissenschaftler auch von privater Hand mit Spenden unterstützt werden. Im kommenden September veranstalten Kayal und Kollegen eine Konferenz, auf der das Ifex seine Arbeit, Methoden und Pläne der Öffentlichkeit und der Politik präsentieren wollen. Die Weichen stehen derzeit nicht schlecht: In der neuen Bundesregierung ist Dorothee Bär als neue Bundesministerin für Forschung, Technologie sowie für Raumfahrt vereidigt worden.
Ein neuer Wissenschafts-Wettlauf
Da sowohl die USA als auch die Volksrepublik China bereits offiziell neue Untersuchungsprogramme für UFOs verfolgen, sprechen einige Beobachter schon jetzt von einem neuen Wissenschafts-Wettlauf, nun um den Nachweis und vielleicht sogar die Rückentwicklung und eigene Nutzung außerirdischer Technologien.
Und, wer weiß – was heute einigen noch fantastisch erscheint, könnte schon morgen mit der Detektion oder sogar der Inbesitznahme eines derartigen Objekts überraschende Wirklichkeit werden.