Wie EPS klassische Industrie neu denkt – und Marketing zur echten Führungsdisziplin macht

Kundennähe entsteht nicht per Knopfdruck – sie verlangt Haltung, Aufmerksamkeit und eine klare Strategie. Gerade im industriellen Mittelstand zeigt sich, welches Potenzial in glaubwürdiger Kommunikation und mutigem Marketing steckt. Die EPS Electronic Products & Systems GmbH mit rund 50 Mitarbeitenden geht dabei konsequent ihren eigenen Weg. „Haltung zählt mehr als Hochglanz-Kampagnen“, sagt Enisa Blaut, Leiterin Vertrieb und Marketing – und setzt auf Klarheit, Verbindlichkeit und ein feines Gespür für Veränderung.
Frau Blaut, können Sie uns etwas über Ihren Werdegang und Ihre Rolle bei EPS erzählen? Wie sind Sie in die Technologiebranche gekommen?
Ich komme ursprünglich aus der Wirtschaft, bin aber früh in technische Themen hineingewachsen – zuerst bei ERCO in der Produktentwicklung. Der Wechsel zu EPS war dann ein bewusster Schritt: Mein Mann übernahm die Geschäftsführung, und ich habe ihn dabei unterstützt, besonders im Vertrieb und Marketing neue Strukturen aufzubauen. Gerade in der Anfangszeit – mitten in der Corona-Pandemie – ging es darum, Prozesse neu zu denken und das Unternehmen strategisch weiterzuentwickeln.
Was sind Ihre Hauptverantwortlichkeiten im Bereich Change-Prozesse bei EPS?
Meine Aufgabe war es, gesunde, sinnvolle Prozesse zu etablieren – aber ohne unsere mittelständische Flexibilität zu verlieren. Wir sprechen deshalb von flexiblen Prozessen: Es gibt klare Leitplanken, innerhalb derer unsere Mitarbeitenden eigenverantwortlich agieren können. Das fördert Effizienz, Qualität und Akzeptanz gleichermaßen.

Welche Herausforderungen haben Sie als Frau in der Technologiebranche erlebt?
Natürlich gibt es Momente, in denen man unterschätzt wird – sei es durch gut gemeinte, aber fragwürdige Erklärversuche oder Skepsis gegenüber Frauen in technischen Rollen. Mein Ansatz war immer: selbstbewusst bleiben, offen mit Fehlern umgehen, Leistung zeigen. Ein Beispiel: Als unser neues Verpackungskonzept zunächst abgelehnt wurde, habe ich es selbst vorgeführt – danach war klar, dass es funktioniert. Solche Momente zeigen, dass Ausdauer und Klarheit entscheidend sind.
Was motiviert Sie, Veränderungen und Innovationen bei EPS voranzutreiben?
Ich habe ein gutes Gespür dafür, wo es hakt – und sehe es als meine Aufgabe, mit passenden Methoden praxisnah zu unterstützen. Dabei geht es nicht um Fachbegriffe, sondern um Verständlichkeit und Akzeptanz. Besonders motivierend ist es, wenn man sieht, wie Teams selbstständig Verantwortung übernehmen. Wir setzen auf transformationales Führen: nicht kleinteilige Anweisungen, sondern gemeinsame Ziele und Visionen.
Wie haben Sie das Marketing bei EPS aufgebaut?
Als ich begann, gab es kaum klassisches Marketing. Wir haben deshalb ein eigenes Konzept entwickelt – unser Marketinghaus, das auf vier Säulen basiert. Im Zentrum steht eine wertebasierte Markenbildung. Ziel ist es, nicht nur Leistungen anzubieten, sondern ein gutes Gefühl beim Kunden zu hinterlassen. Dafür haben wir ein Inhouse-Team aufgebaut und arbeiten mit Agenturen für SEO, PR und Social Selling auf LinkedIn zusammen – alles individuell auf EPS abgestimmt.
Welche Rolle spielen Emotional Selling Points (ESPs) bei Ihrer Kundenbindung?
In einem wettbewerbsintensiven Markt können wir uns nicht nur über Preis oder Technik abheben. Stattdessen setzen wir auf echte Kundennähe: Wir kommunizieren offen, sind verlässlich erreichbar und hören genau zu. Das hat gerade nach der Corona-Zeit geholfen, Vertrauen zurückzugewinnen. Diese emotionale Ebene ist für uns ein klarer Wettbewerbsvorteil. Wir schreiben die Werte Partnerschaftlichkeit und Professionalität groß.
Wie hat Ihr strategisches Denken den USP von EPS mitgeprägt?
Ein starker USP entsteht nicht im Alleingang – er lebt davon, dass alle Abteilungen dieselben Werte vertreten. Es bringt nichts, wenn der Vertrieb etwas verspricht, was Einkauf oder Fertigung nicht liefern können. Unser Erfolg basiert auf einem gemeinsamen Verständnis und dem klaren Ziel, Kundenorientierung und Qualität spürbar zu machen.
Was raten Sie Frauen, die in der Technologiebranche Fuß fassen möchten?
Man sollte Freude an der Branche mitbringen – das ist die Basis. Ich finde, das Thema „Frauen in der Technik“ wird manchmal größer gemacht, als es ist. Ja, es gibt traditionelle Strukturen – aber entscheidend ist aus meiner Sicht: Am Ende zählt die Leistung. Wer engagiert ist und Verantwortung übernimmt, wird auch gesehen.
Können Sie ein Beispiel für eine Veränderung nennen, die Sie angestoßen haben?
Ein gutes Beispiel war die Abschaltung eines parallellaufenden ERP-Systems. Viele hielten es für unverzichtbar, doch wir haben bewusst entschieden, es vom Netz zu nehmen – trotz anfänglicher Skepsis. Am Ende lief alles reibungslos weiter. Für mich war das ein Zeichen, dass man auch unbequeme Entscheidungen treffen und trotzdem Vertrauen gewinnen kann.
Welche Initiativen planen Sie, um EPS weiterzuentwickeln?
Wir wollen Made in Germany nicht nur als Label nutzen, sondern mit echten Werten wie Verlässlichkeit, Pünktlichkeit und Qualität füllen. Gerade jetzt beobachten wir, dass viele Unternehmen von internationalen Lieferketten enttäuscht sind und wieder auf deutsche Fertigung setzen. Diese Chance möchten wir nutzen, um Vertrauen in unsere Marke und unseren Standort zu stärken.
Wie sehen Sie die Rolle von Frauen in der Technologiebranche in Zukunft – und Ihren eigenen Beitrag dazu?
Ich bin überzeugt: Es geht nicht um Quoten, sondern um Haltung. Menschen mit Kompetenz und Engagement werden sich durchsetzen – unabhängig vom Geschlecht. Ich hoffe, mit meinem Weg zeigen zu können, dass genau das möglich ist.
Was möchten Sie jungen Frauen mitgeben, die sich für eine technische Karriere interessieren?
Technik ist vielseitig und voller Chancen – auch wenn es manchmal herausfordernd ist. Wer dranbleibt, kann sich ständig weiterentwickeln. Anders als in vielen anderen Branchen ist hier die Lernkurve nie zu Ende – man hat die Möglichkeit, Zukunft aktiv mitzugestalten.
Vielen Dank für das Interview, Frau Blaut.