KI-Agenten, Teil 1: Revolution in der digitalen Produktentwicklung
KI-Agenten radikalisieren die digitale Produktentwicklung: Sie automatisieren Prozesse, sind effizienter und definieren die Zusammenarbeit mit Menschen neu.

(Bild: maxuser/Shutterstock.com)
- Thomas Immich
Die Art, wie wir digitale Produkte entwickeln, wird sich in Zukunft auf radikale Weise ändern. Da sich große Sprachmodelle (LLMs) mit Syntax und Grammatik bestens auskennen, ist das Generieren von Computer-Quellcode bereits gelebte Praxis und die Produktivität der Unternehmen, die KI hier einsetzen, erfährt eine messbare Steigerung gegenüber denjenigen, die noch "von Hand zu Fuß" unterwegs sind. Wenn nun Quellcode nicht mehr von Menschen, sondern von KI-Agenten geschrieben wird, lohnt es sich dann überhaupt noch, den Beruf des Software Engineers zu lernen? Nvidia-CEO Jensen Huang meint, nein:
"Wir werden Computer intelligenter machen, damit Menschen keine Informatik lernen mĂĽssen, um einen Computer zu programmieren."
Auch Mark Zuckerberg (Meta), bekannt für seine technische Umsetzungsnähe, hat vor kurzem das Ende des menschlichen Mid-Level Engineers ausgerufen.
Wenn sogar der Beruf des Software Engineers durch generative KI infrage steht, was bedeutet das generell fĂĽr die digitale Produktentwicklung der Zukunft? Gilt es dann nicht, alle Prozesse, Frameworks und Methoden, die sich mit dem Design und der Realisierung von Software befassen, ebenfalls infrage zu stellen?
Immerhin könnten traditionelle Ansätze grundlegende Nachteile für Geschwindigkeit und Effizienz besitzen, weil sie im Kern für das rein menschliche Miteinander entwickelt worden sind und nicht für das agentische Miteinander. "Agentisch" ist eine Wortneuschöpfung, die in den sozialen Medien bereits selbstverständlich genutzt wird und das Wesen von KI-Agenten bezeichnet – quasi das Pendant des Worts "menschlich". Es gibt sogar das Berufsbild des Agentic Engineers, wie es manche KI-Influencer stolz in ihrem LinkedIn Profil erwähnen. Wie also ändert sich die menschzentrierte digitale Produktentwicklung, also die Entwicklung von Produkten für Menschen, auf der nächsten Evolutionsstufe generativer KI – der Stufe autonomer KI-Agenten?
Diese dreiteilige Artikelserie zeigt, was KI-Agenten bereits heute leisten, wie sie das "agentisch-menschliche" Miteinander künftig prägen und welche disruptiven Auswirkungen das auf die moderne digitale Produktentwicklung hat. Der vorliegende erste Teil macht deutlich, warum KI-Agenten dabei sind, die Softwareentwicklung zu revolutionieren und weshalb sie laut einigen Tech-Gurus möglicherweise bald die Rolle des Mid-Level Software Engineers überflüssig machen. Darüber hinaus geht es um Trend zu "Multi-Agenten KIs", also den Zusammenschluss mehrerer KI-Agenten zu einem Team. Besonders der systemische Aspekt von KI-Agenten in Bezug auf Zusammenarbeit und Automatisierung ist komplex und erfordert eine eingehendere Analyse, die in den Teilen 2 und 3 fortgeführt wird.
Ein neuer Akteur betritt die BĂĽhne
In den sozialen Medien wurde mit dem Jahr 2025 bereits das Jahr der KI-Agenten eingeleitet. Es handelt sich um eine Art "nächstes Level" innerhalb des noch recht jungen KI-Hype-Zyklus. Statt dass Menschen Prompts schreiben, um ihr Anliegen zu realisieren, handeln KI-Agenten weitgehend autonom. Sie planen, führen aus, reflektieren und verbessern. Manche KI-Agenten kommen zu eigenen Schlüssen und andere handeln im Verborgenen – als Geheimagenten gewissermaßen.
Es macht einen Unterschied, ob ein Software Engineer – wenn er ein Problem als Prompt in ChatGPT eingibt und den entsprechenden Quellcode dann in Teilen oder am Stück in seinen Code integriert – oder ob ein KI-Agent autonom Quellcode generiert und selbstständig committet, genau wie es ein Software Engineer tut.
Da KI-Agenten ein Gedächtnis besitzen, Ziele verfolgen, planen, reflektieren und antworten, können sie grundsätzlich an jeder Stelle einer Informationsverarbeitungskette aktiv werden, wie folgende Tabelle veranschaulichen soll (Tabelle 1).
Tabelle 1: Verschiedene Evolutionsstufen der KI und der Rolle des Menschen
Evolutionsstufe | Initiator | Produzent | Weiterverarbeiter |
Ohne KI | Mensch | Mensch | Mensch |
Prompted AI | Mensch | KI | Mensch |
Assisting AI | KI | KI | Mensch |
Agentic AI | KI | KI |
KI |
Multi-Agenten im Team
KI-Agenten können weit mehr als Quellcode produzieren: Sie sind in der Lage, untereinander zu kommunizieren, Werkzeuge zu bedienen und gemeinsame Entscheidungen zu treffen, was sie letztlich dazu befähigt, Teams und Schwarm-Intelligenzen zu bilden.
Das von DeepWisdom.ai initiierte Multi-Agenten-Framework MetaGPT beispielsweise hat ein ganzes Produktentwicklungsteam aus KI-Agenten umgesetzt, und lässt es Software entwickeln.
(Bild: MetaGPT)
Dieser Ansatz beschränkt sich nicht nur auf das Schreiben von Quellcode: In einem solchen Team gehören Produktmanager, Softwarearchitekten, Projektmanager und ein Agent, der sich um die Qualitätssicherung kümmert (siehe Abb. 1). Sogar ein agentischer Boss ist Teil der Gruppe.
Die Konferenz Digital Design & UX 2025 (DDUX) findet am 25. und 26. Juni 2025 in Dortmund statt. Interessierte können sich an zwei Tagen und 24 Vorträgen über die Gestaltung digitaler Produkte und Lösungen informieren. Das Programm, zusammengestellt von dpunkt.verlag und iX in Kooperation mit MaibornWolff, bietet Vorträge zu den unterschiedlichsten Aspekten von Digital Design. Dieses Jahr stehen die Themen Barrierefreiheit, Bildung und KI für Digital Design besonders im Fokus. Auch der Autor dieses Artikels hält einen Vortrag dort.
Tickets sind über den Ticketshop auf der offiziellen Konferenz-Website erhältlich.