Industriekonzern in der Krise :
Thyssenkrupp verteidigt „schmerzhafte Einschnitte“

Von Jonas Jansen, Düsseldorf
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Stahlarbeiter halten symbolisch einen „grünen“ Stahlträger mit der Aufschrift „Zukunft“ in die Höhe - auf einer Protestversammlung der Belegschaft. Am 23. Mai wird wieder protestiert.
Der Vorstandsvorsitzende Miguel López wirbt für den Einstieg eines Investors im Stahlgeschäft. Ohne ihn sähe es „düster“ aus. Die Geschäfte ächzen weiterhin unter der konjunkturellen Lage.

Der Vorstandsvorsitzende von Thyssenkrupp hat die Umbaupläne des strauchelnden Indu­striekonzerns verteidigt. „Wir wollen einen Stahl, der nachhaltig Geld verdient“, sagte Miguel López zur Vorlage der Halbjahreszahlen des Traditionskonzerns am Mittwoch: „Dafür sind tiefgreifende Veränderungen und zum Teil schmerzhafte Einschnitte nötig.“ Derzeit sei die Nachfrage zu gering, die Kosten seien zu hoch. Überkapazitäten drückten auf die Preise. Billigimporte aus Asien machten Thyssenkrupp das Leben schwer. Der Konzern plant, die Kapazität der Rohstahlproduktion deutlich zu reduzieren.

Arbeitnehmervertreter hatten den Vorstand und die Aufsichtsratsspitze in den vergangenen Wochen kritisiert, dass sie nicht ausreichend informiert worden seien. López widersprach diesem Eindruck abermals. Nach dem Einstieg des tschechischen Investors Daniel Kretinsky werde „selbstverständlich“ mit dem Betriebsrat und dem Aufsichtsrat der Stahlgesellschaft Steel Europe über jegliche Auswirkung auf die Beschäftigten gesprochen. Über die Beteiligung Kretinskys in Höhe von 20 Prozent befindet der Aufsichtsrat am 23. Mai. Ziel ist ein Gemeinschaftsunternehmen mit jeweils hälftigen ­Anteilen.

Eine Lösung gibt es für einen Hochofen – von sechs

Von dem Investor verspricht sich Thyssenkrupp Energieexpertise. „Grüne Energie ist für die Stahlproduktion entscheidend“, sagte López: „Ohne Energiepartnerschaften sieht es für den Standort Duisburg düster aus.“ Thyssenkrupp Steel betreibe in Duisburg vier Hochöfen und das Unternehmen HKM weitere zwei. An HKM hält Thyssenkrupp die Hälfte der Anteile.

„Bisher ist nur für einen die grüne Transformations-Perspektive geklärt – und das mit großer staatlicher Unterstützung, für die wir sehr dankbar sind. Für alle anderen Hochöfen bleibt sie aber offen“, sagte López. Der Bau einer sogenannten Direktreduktionsanlage wird vom Bund und dem Land NRW mit zwei Milliarden Euro gefördert. Thyssenkrupp ist Deutschlands größter Stahlhersteller und beschäftigt in der Sparte rund 27.000 Mitarbeiter.

Das konjunkturelle Umfeld belastet derzeit weiterhin das Geschäft – selbst der Hoffnungsträger Nucera schwächelt in seinem Wasserstoffgeschäft, weil sich Aufträge verzögern. Wegen geringerer Mengen und niedrigeren Preisen in der Stahlsparte und dem Werkstoffhandelsgeschäft rechnet Thyssenkrupp nun mit einem Umsatz unterhalb des Vorjahresniveaus.

Der Konzern hat abermals die Prognose gesenkt. Der Umsatz ging im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahr von 10,1 auf 9,1 Milliarden Euro zurück. Unter dem Strich stand ein Verlust von 78 Millionen Euro (Vorjahr: minus 223 Millionen). Der Aktienkurs verlor am Mittwoch mehr als zwei Prozent, das Papier von Thyssenkrupp Nucera fiel gar um sieben Prozent im Kurs.