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Weltgrößter CO2-Sauger in Betrieb: Das „Mammut“ in Island, das unsere Luft von CO2 befreien soll
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Das „Mammut“ in Island, das unsere Luft von CO2 befreien soll
Montag, 13.05.2024, 19:41

In der Nähe eines isländischen Vulkans ist das „Mammut“, der weltgrößte CO2-Sauger des Schweizer Unternehmens Climeworks, in Betrieb gegangen. Dank der Geothermie sollen Kosten gespart und bis zu 36.000 Tonnen CO2 pro Jahr aus der Luft gezogen werden. Die Technik ist umstritten - doch die ersten Ableger bahnen sich bereits an. 

Auf einem ruhenden Vulkan in Island steht seit letzter Woche das Gerät, mit dem die Schweizer Firma Climeworks das Klima retten will. Zumindest soll das „Mammut“, so der Name der technischen Direct-Air-Capture-Anlage (DAC), welches das CO2 aus der Atmosphäre saugt, seinen Teil dazu beitragen. Es ist bereits die zweite kommerzielle Anlage, mit der Climeworks in Island zuerst CO2 technisch absaugen und dann im Boden speichern will. Ein CO2-Staubsauger, der wie ein Baum funktioniert - nur komplizierter und teuer.

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Wie das Mammut funktioniert: Die „Mammut“-Anlage saugt mit 72 Industrieventilatoren Luft an und entzieht ihr mit chemischen Filtern das CO2. Das gesammelte Treibhausgas wird dann von der Partnerfirma Carbfix unterirdisch in Basaltgestein in Island eingelagert, wo das CO2 auf natürliche Weise in Stein umgewandelt und so dauerhaft gespeichert werden soll. Der Betrieb der Anlage ist sehr energieintensiv, weshalb die Anlage rund 50 Kilometer von einem aktiven Vulkan entfernt gebaut wurde, da Climeworks so Zugang zu sauberer Energie aus dem Geothermiekraftwerk Hellisheidi hat. 

Das „Mammut“ ist die bislang größte DAC-Anlage der Welt, etwa zehnmal so groß wie die erste Climeworks-Anlage „Orca“, die sich ebenfalls in Island befindet. Im Hochlauf soll sie bis zu 36.000 Tonnen CO2 pro Jahr aus der Atmosphäre holen. Das entspricht etwa 7800 Benzinautos, die ein Jahr lang nicht mehr auf der Straße fahren. Zur Einordnung: Laut der Internationalen Energie-Agentur müssen bis 2030 weltweit 70 Millionen Tonnen CO2 aus der Atmosphäre geholt werden, um die globalen Klimaziele zu erreichen. 

Island: „Mammut“ soll Luft von CO2 befreien

Von der Rettung des Klimas ist die Anlage in Island also noch weit entfernt. DAC, also das direkte Absaugen von CO2 aus der Luft, oder CCS und CCU, also das Abscheiden von CO2 in Fabriken, um es anschließend wieder zu verwenden oder unterirdisch zu lagern, gelten dennoch als eine von vielen technischen Lösungen im Kampf gegen die Klimakrise. 

Der Weltklimarat hat verschiedene Szenarien durchgerechnet, wie das 1,5-Grad-Ziel noch erreicht werden könnte. Keines davon ist ohne technische Abscheidung und Speicherung von Treibhausgasen möglich. Um die Erderwärmung bis 2100 auf mindestens zwei Grad zu begrenzen, muss der Atmosphäre dauerhaft CO2 entzogen werden. 

Führende Klimaforscher gehen in den IPCC-Berichten davon aus, dass ein Mix von Möglichkeiten genutzt werden muss, um Emissionen aus der Atmosphäre zu entfernen. Dazu gehören natürliche Lösungen wie Aufforstung oder die Wiedervernässung von Mooren. Aber auch die technischen CDR-Anlagen (carbon dioxide removal) wie die von Climeworks werden eine Rolle spielen, wenn zunächst auch nur eine kleine. 

CO2-Staubsauger bislang zu teuer

Das Problem bei den technischen CO2-Saugern? Noch sind die Kosten zu hoch. Damit DAC-Anlagen wie in Island oder CCS-Anlagen flächendeckend eingesetzt werden können, müssen die Produktiuons- und Betriebskosten sinken. Bei den technisch „einfacheren“ CCS-Anlagen wird eine Tonne abgeschiedenes und gespeichertes CO2 bei zwischen 150 und 250 Euro liegen, erklärt Professor Klaus Wallmann vom Helmholtz-Institut gegenüber FOCUS online Earth. 

Eine Tonne CO2 durch DAC-Anlagen einzusparen soll laut Experten und Expertinnen zwischen 800 und 1000 Euro kosten. CO2-Absaugen im großen Stil? Das wird teuer und ist laut IPCC-Forschenden vor allem für die Industriebereiche nötig, die sich nicht dekarbonisieren lassen, wie die Zement-, Chemie- oder Müllindustrie. 

Zudem kritisieren Experten und Umweltverbände nicht nur die potenziellen Folgen für die Umwelt bei der unterirdischen Speicherung von CO2, sondern fürchten auch, dass Regierungen und Industrien zu sehr auf die technischen Lösungen pochen, obgleich die CDR-Anlagen bis dato zu teuer, energieintensiv und noch nicht im großen Maßstab skalierbar sind. 

Wie viel eine Tonne CO2 kostet, die die „Mammut“-Anlage von Climeworks absaugt, will das Unternehmen dem „Spiegel“ zufolge nicht sagen. Bis 2030 plane das Unternehmen, die Kosten auf 370 bis etwa 560 Euro pro Tonne CO2 zu senken. Zehn Jahre später solle die Mammut-Tonne-CO2 knapp 190 bis 300 Euro kosten. 

Das Wettrennen um den größten CO2-Sauger - mit Haken

Wie lange „Mammut“ noch die weltgrößte DAC-Anlage bleibt, ist nur eine Frage der Zeit. Zahlreiche Unternehmen stehen mit ihren eigenen DAC-Plänen bereits in den Startlöchern. In den USA will das Ölunternehmen Occidental die DAC-Anlage „Stratos“ in Texas bauen, die jährlich 500.000 Tonnen CO2 entfernen soll. Der Haken: Obgleich das US-Unternehmen angibt, das CO2 im Boden speichern zu wollen, verweist die Firma auf ihrer Website auf die Nutzung des CO2s für den „Enhanced Oil Recovery“-Prozess. 

Dahinter steckt ein Verfahren, in dem das CO2 in alte Bohrlöcher gedrückt wird, um das schwerzugängliche Öl herauszubekommen. Damit würde das US-Unternehmen wieder fossile Brennstoffe fördern, die wieder die Emissionen in die Atmosphäre steigen lassen. Genau davor warnen Kritiker: Dass die technischen CO2-Lösungen genutzt werden, um die Produktion fossiler Brennstoffe zu verlängern. 

Für Climeworks geht es mit ihren Anlagen allerdings um die Bekämpfung der Klimakrise. Das Schweizer Unternehmen will bis 2050 eine Gigatonne-Kapazitäten ausbauen, erklärt Climeworks-CEO Jan Wurzbacher . Das Unternehmen will auch in die USA, Kenia und Kanada expandieren. 

mit Agenturmaterial
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