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Anwalt Todd Blanche Wer ist der Mann, der Donald Trump vor dem Gefängnis bewahren soll?

Der frühere US-Präsident Donald Trump und sein Chefanwalt Todd Blanche
Der frühere US-Präsident Donald Trump und sein Chefanwalt Todd Blanche
© Mark Peterson / AFP
Einst war er Staatsanwalt und Mitglied der Demokraten. Nun verteidigt Todd Blanche Ex-Präsident Donald Trump vor Gericht. Das verschafft ihm ein gutes Honorar – aber birgt auch jede Menge Gefahren.

Je mehr Widerworte Todd Blanche wagt, desto mehr verliert der Richter die Geduld. "Ich frage immer wieder nach einem konkreten Beispiel und ich bekomme keine Antwort", sagt Richter Juan Merchan. Er weist den Anwalt darauf hin, dass die Zeit knapp sei. "Die Staatsanwaltschaft kann so lange sprechen, wie sie möchte", beklagt Blanche.

Todd Blanche ist Chefanwalt von Donald Trump und vertritt ihn im ersten Strafprozess überhaupt in der amerikanischen Geschichte gegen einen früheren Präsidenten. In dem Schlagabtausch zwischen Richter und Verteidiger, er spielt sich ab am vergangenen Dienstag, geht es um die Frage, ob Trump gegen eine Auflage des Gerichts verstoßen habe, keine Zeugen einzuschüchtern. 

Blanche weist das zurück und argumentiert, sein Mandant reagiere mit Beiträgen in sozialen Medien lediglich auf die Aussagen anderer, was von der Meinungsfreiheit gedeckt sei. Der Richter möchte wissen, auf welche Aussagen Trump konkret reagiert habe. Als Blanche das nicht beantworten kann, wird es hitzig. So hitzig, dass der Richter schließlich zu Blanche sagt: "Sie verlieren jegliche Glaubwürdigkeit vor Gericht!"

Ein kurzer Moment der Stille im New Yorker Gerichtssaal, Trumps Staranwalt ist geschockt und entschuldigt sich.

Für Donald Trump geht es in diesem Verfahren um viel. Sollte er für schuldig befunden werden, droht eine hohe Geldstrafe oder sogar Gefängnis. So oder so, der frühere Präsident wäre ein verurteilter Straftäter.

"Eine Gelegenheit, die ich mir nicht entgehen lassen sollte"

Doch auch für Trumps Anwalt geht es um fast alles. Er hat sein Schicksal an das seines Mandanten gekoppelt. Noch vor etwas mehr als einem Jahr war Blanche ein registrierter Demokrat und Partner bei Cadwalader, Wickersham & Taft, der ältesten Kanzlei an der Wall Street und zugleich eine der angesehensten. Im April 2023 verließ er das Unternehmen und gründete eine eigene Kanzlei, die voll auf die Verteidigung von Trump ausgerichtet ist. Die Entscheidung für das Trump-Mandat bezeichnete er in einer internen E-Mail als "eine Gelegenheit, die ich mir nicht entgehen lassen sollte".

Der 49-Jährige ist mittlerweile zu den Republikanern gewechselt und mit seiner Familie von New York nach Palm Beach County in Florida in die Nähe von Mar-a-Lago gezogen, in die Nähe von Trump. Wenn Blanche vor Gericht über seinen Mandanten spricht, nennt er ihn ehrfürchtig "President Trump". Dies sei für ihn eine Frage des Respekts, hatte Blanche in seinem Eröffnungsplädoyer erklärt.

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Sein ganzes bisheriges berufliches Leben hat Blanche in New York verbracht. Er kennt die Stadt bestens und weiß um die Vorbehalte vieler Bürgerinnen und Bürger gegenüber Trump, wohl auch in der Jury. Vor Gericht hat er nicht nur das Ziel, den früheren Präsidenten bestmöglich zu verteidigen, sondern auch dessen Image zu verändern. "Er ist nicht nur der Donald Trump, den Sie im Fernsehen gesehen haben", sagte Blanche in seinem Eröffnungsstatement. "Er ist ein Ehemann. Er ist ein Vater. Und er ist ein Mensch, genau wie Sie und ich." Es sind Worte, mit denen er eine Verbindung zwischen den Geschworenen und Trump herstellen möchte. Es soll menscheln.

Bevor Blanche in die Wirtschaft wechselte, war er als Staatsanwalt in New York tätig. In den mehr als acht Jahren arbeitete er im Southern District of New York, einer seiner Kollegen war Alvin L. Bragg, heutiger Bezirksstaatsanwalt von Manhattan und Trumps Ankläger. Blanche spezialisierte sich damals auf Gewaltverbrechen und führte zwei Jahre lang die entsprechende Fachabteilung. Die Rolle als Verteidiger in einem Strafprozess ist für ihn noch relativ neu. Nur ein einziges Mal war er zuvor in dieser Funktion tätig.

Blanche wichtigste Aufgabe: Verzögern

In die Welt von Donald Trump hat Blanche schon vor einigen Jahren gefunden. So verteidigte er bereits Paul Manafort, den früheren Wahlkampfmanager des Ex-Präsidenten, sowie Igor Fruman, einstiger Mitarbeiter des Trump-Vertrauten Rudy Giuliani. Als das Trump-Mandat ein Thema wurde, bekam er Gegenwind aus seiner früheren Kanzlei. Seine Kollegen fürchteten einen Reputationsschaden, Blanche war enttäuscht und verließ das Unternehmen.

Richter Merchan ließ den Chefanwalt unlängst wissen, dass er von der Strategie, das Verfahren verzögern zu wollen, nicht viel hält. Und tatsächlich sieht es gegenwärtig so aus, als sei ein Urteilsspruch in einigen Wochen realistisch. 

Doch der Schweigegeldprozess ist nicht die einzige Aufgabe von Blanche. Er arbeitet auch am sogenannten Dokumenten-Fall, bei dem Trump in Florida der Prozess wegen Geheimnisverrats gemacht werden soll. Ein weiterer Fall ist der zum möglichen Wahlbetrug rund um die vergangene Präsidentschaftswahl und den 6. Januar 2021. Hier greifen die Verzögerungstaktiken. Bislang ist keiner der Prozesse terminiert. Klappt das noch vor der Wahl im November? Möglich, aber mit jeder Woche weniger wahrscheinlich.

Ob Blanche die Trump-Verfahren gewinnt oder nicht – für ihn persönlich sind sie finanziell lukrativ. Die Anwaltskanzlei von Blanche wird von Trumps Wahlkampfspendenorganisation "Save America" bezahlt. Ein Teil der Spendengelder, die Trump für seine erneute Präsidentschaftskandidatur einwirbt, gehen über einen Umweg zu Blanche. In den zurückliegenden zwölf Monaten sollen es vier Millionen US-Dollar gewesen sein, wie das Magazin "Forbes" jüngst berichtete.

An den Verhandlungstagen sprechen Trump und Blanche häufig miteinander. Immer wieder beugt sich der Ex-Präsident rüber und flüstert seinem Anwalt etwas ins Ohr, manchmal schreibt er ihm auch etwas auf ein Blatt Papier. Über das Verhältnis der beiden Männer ist wenig bekannt. Gibt Trump die Linie vor? Hört er auf den Rat seines Anwaltes? Außerhalb des Gerichtes sucht Trump regelmäßig die Konfrontation mit dem Richter, klagt, Merchan sei befangen, er sollte abgezogen werden. 

Im Gerichtssaal kann Trump sich das nicht erlauben. Am Donnerstag der kommenden Woche will Juan Merchan erneut über dessen möglichen Verstoß gegen seinen richterlichen Erlass verhandeln. Blanche muss einerseits dafür sorgen, dass die Anhörung nicht wie in der zurückliegenden Woche eskaliert. Das würde seinem Mandanten eher schaden als nützen. Und andererseits muss er Trump zufrieden stellen. Es ist der wichtigste Fall seines Lebens – und der mit der größten Gefahren.

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