Krise am Immobilienmarkt :
Hauspreise dürften noch mal um bis zu 10 Prozent fallen

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Wie geht es weiter mit den Hauspreisen?
Der Hauspreisverfall in Deutschland dürfte trotz allem noch weitergehen, berichtet die Commerzbank aufgrund einer Studie. Sie rechnet erst zum Jahresende mit einer gewissen Beruhigung der Preise.

Verschiedene Immobilienplattformen hatten in ihren Zahlen zuletzt Anzeichen dafür gesehen, dass der Verfall der Hauspreise in Deutschland womöglich so langsam mal zu Ende ist. „Preisanstieg in allen Segmenten“, berichtete die Plattform Europace aus ihrem Index EPX für März und sprach von einem „Wendepunkt“. „Stimmung am Immobilienmarkt dreht sich – Preise ziehen wieder leicht an“, schrieb kurz darauf der Kreditvermittler Interhyp

Die Commerzbank widerspricht dieser Deutung jetzt. Die Bank rechnet damit, dass der Hauspreisverfall zunächst noch weitergehen wird.

„Korrektur dürfte noch nicht zu Ende sein“

In ihrem regelmäßigen Wirtschaftsbericht „Woche im Fokus“ schreibt die Bank, es gebe zwar einen „Hoffnungsschimmer“ für die Hauspreise. Die Korrektur dürfte aber noch nicht zu Ende sein.

Das Abwärtspotential für die Preise von Bestandsimmobilien liege aktuell noch bei 5 bis 10 Prozent, ist das Ergebnis der Analyse. Bei Neubauten dürfte die Verkäufer kaum zu weiteren Preiszugeständnissen bereit sein, ist die Einschätzung der Bank: „Darum dürfte die Anpassung hier weiter in erster Linie nicht über den Preis, sondern über die Menge erfolgen, also über die Anzahl an neu gebauten Häusern.“

Stabilisierung der Preise eventuell zum Jahresende

Um den Jahreswechsel 2024/2025 dürften sich die Hauspreise in Deutschland dann auf niedrigerem Niveau stabilisieren, glaubt die Commerzbank. Das setze allerdings voraus, dass es keinen „neuerlichen merklichen Zinsanstieg“ gebe.

Die Bauzinsen waren zuletzt wieder gestiegen, wie die F.A.Z. berichtet hatte, aber nicht sehr deutlich. 3,49 Prozent Hypothekenzins verlangten Deutschlands Banken im Durchschnitt der Verbraucherplattform Biallo noch Mitte März für ein Baudarlehen mit zehn Jahren Zinsbindung, mittlerweile sind es 3,57 Prozent. Sowohl für kürzere als auch längere Laufzeit liegen die Zinsen darüber. Für fünf Jahre Zinsbindung werden jetzt durchschnittlich 3,81 Prozent verlangt, für 15 Jahre 3,76 Prozent.

Die Commerzbank hebt hervor, die Preise für deutsche Wohnimmobilien seien seit Mitte 2022 bereits deutlich gefallen. Auslöser sei der massive Anstieg der Hypothekenzinsen gewesen. Nach den Daten des Statistischen Bundesamtes seien insbesondere die Preise für bestehende Wohnimmobilien gefallen. Diese seien Ende des vergangenen Jahres im Durchschnitt 14 Prozent niedriger gewesen als bei ihrem Hoch im Frühjahr 2022. Bei Neubauten stehe mit 5 Prozent ein deutlich geringeres Minus zu Buche.

Zahl der Transaktionen weiter viel niedriger als früher

Die Preiskorrektur dürfte noch nicht beendet sein, führt die Commerzbank aus: „Denn trotz der gesunkenen Häuserpreise ist die Zahl der Transaktionen weiterhin deutlich niedriger als vor dem Anstieg der Zinsen.“

Offensichtlich klaffe zwischen den Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern weiterhin eine große Lücke, die dadurch entstanden sei, dass viele potentielle Käufer zu den aktuellen Finanzierungsbedingungen einen Immobilienkauf bei den aktuellen Preisen nicht finanzieren können, erläutert Commerzbank-Ökonom Marco Wagner.

Viele potentielle Verkäufer von Bestandsimmobilien seien aber anscheinend zu keinen spürbaren Preiszugeständnissen bereit, auch wenn sie ihre Immobilien zumeist vor längerer Zeit und zu deutlich niedrigeren Preisen gekauft hätten, als sie derzeit zu erzielen wären, sie also bei weiteren Preisnachlässen lediglich auf Buchgewinne verzichteten.

Viele Hausverkäufer hätten weiterhin die vor drei Jahren erzielbaren Preise im Kopf, das bremse das Verkaufsgeschehen aktuell. „Auf Dauer dürfte sich aber auch bei den anderen Eigentümern die Einsicht durchsetzen, dass sie die Preise aus dem Jahr 2021 vorerst nicht mehr erreichen können und Preiszugeständnisse machen müssen.“

Schätzungen der Bundesbank auf dem Prüfstand

Schätzungen der Deutschen Bundesbank in ihrem Monatsbericht für Februar zeigen, dass die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland volkswirtschaftlich betrachtet noch fallen müssten, um wieder im Einklang mit ihren langfristigen Bestimmungsfaktoren wie Zinsen und Einkommen zu stehen. Verglichen mit dem ersten Quartal 2024, bestehe nach ihren Schätzungen noch ein weiteres Korrekturpotential von 5 bis 10 Prozent.

„In der Gesamtschau dürften die Überbewertungen trotz beträchtlicher Ermäßigung noch nicht vollständig abgebaut sein“, schreiben die Bundesbank-Ökonomen.

Die Commerzbank hat diese Angaben auf Plausibilität geprüft. Sie errechnet zunächst einen eigenen „Erschwinglichkeitsindex“. Der soll zeigen, wie erschwinglich Immobilien mit einer Bankfinanzierung für potentielle Käufer sind. Dazu wird der regelmäßige Schuldendienst aus Zins und Tilgung ins Verhältnis zum Einkommen gesetzt.

Aus dieser Berechnung kommt die Commerzbank eher auf die untere Grenze der Schätzungen der Bundesbank für einen weiteren Preisverfall, das wären also lediglich rund 5 Prozent. Die in vielen Branchen steigenden Löhne und die mittlerweile gefallenen Häuserpreise hätten diese schon wieder etwas erschwinglicher gemacht.

„Nehmen die Einkommen weiter ordentlich zu und bleiben die Zinsen für Hypothekenkredite mit zehn Jahren Zinsbindung etwa auf dem aktuellen Niveau von rund 3,5 Prozent, dann würde ein weiterer Rückgang der Häuserpreise um 5 Prozent ausreichen, um zum Jahresende den Erschwinglichkeitsindex auf ein ähnliches Niveau wie 2010 zu drücken, als der Immobilienboom begann“, schreiben die Commerzbank-Ökonomen.

Allerdings: Die Commerzbank meint, man müsse für den zu erwartenden Preisverfall noch eine weitere Komponente berücksichtigen, und dann kommt sie doch eher wieder auf die höhere Spanne der Bundesbank von 5 bis 10 Prozent: Es geht um die Politik.

Zusätzliches Abwärtspotential für die Preise von Bestandsimmobilien könnte sich daraus ergeben, dass die Kosten für eine auf mittlere Sicht notwendige energetische Sanierung mehr in das Bewusstsein potentieller Käufer rückten. Diese Kosten sind nicht unerheblich, wie ein Gutachten für die Verbraucherzentrale gerade bestätigte: Die Commerzbank leitet daraus eine Art Sanierungspreisnachlass von etwa 6 Prozent für ein Haus im Wert von 500.000 Euro ab.

„Allerdings dürfte das sich hieraus ergebende weitere Abwärtspotential für die durchschnittlichen Kaufpreise einer Bestandsimmobilie in Deutschland kleiner sein“, schreibt die Bank: „Denn diese Kosten dürften bei der Preisfindung auch in der Vergangenheit eine – wenn auch nicht so prominente – Rolle gespielt haben.“

Mehr Nachfrage nach Baukrediten zu beobachten

Gegen ein schnelles Ende des Preisrückgangs spreche zudem, dass die Anzahl der Immobilientransaktionen nach ihrem deutlichen Rückgang im Jahr 2022 bisher kaum wieder zugenommen habe. So liege die Zahl der neu abgeschlossenen Hypothekenverträge, die eine gute Approximation darstelle, saisonbereinigt immer noch ein Drittel unter ihrem Niveau vor der Zinswende, und zuletzt sei allenfalls eine leichte Zunahme zu verzeichnen: „Offensichtlich liegen die Preisvorstellungen von potenziellen Verkäufern und Käufern in vielen Fällen immer noch weit auseinander.“

Mehr Hoffnung mache die kürzlich veröffentlichte Bankenumfrage „Bank Lending Survey“ der Europäischen Zentralbank (EZB). In der berichteten die Banken von einer zuletzt wieder gestiegenen Nachfrage nach Immobilienkrediten. Gefragt werde danach, wie sich in den vergangenen drei Monaten die Nachfrage nach Immobilienkrediten an private Haushalte verändert habe. Per Saldo (Anteil positiver Antworten minus Anteil negativer Antworten) beurteilten im zweiten Quartal rund 46 Prozent der Banken die Entwicklung der Nachfrage als positiv, nachdem in den sieben Quartalen davor die Mehrheit der Institute über einen Rückgang der Nachfrage berichtet hatte.

Fazit der Commerzbank: „Trotz dieser ersten Hoffnungszeichen dürften die Preise von Bestandsimmobilien weiter fallen.“ Dabei dürfte das weitere Abwärtspotential unter der Berücksichtigung der Kosten für energetische Sanierungen bei 5 bis 10 Prozent liegen. Komme es nicht zu einem neuerlichen merklichen Zinsanstieg, dürften sich die Preise um den Jahreswechsel stabilisieren.