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Rätselhafte Spinnenmuster auf dem Mars: Auf der Erde lässt der Frühling Blumen sprießen, auf dem Roten Planeten hingegen bringt er vermeintlich Getier an die Oberfläche

Rätselhafte Spinnenmuster auf dem Mars: Auf der Erde lässt der Frühling Blumen sprießen, auf dem Roten Planeten hingegen bringt er vermeintlich Getier an die Oberfläche

Foto: ESA / TGO / CaSSIS

Überraschende Aufnahmen vom Roten Planeten »Spinnen« am Südpol des Mars

Aufnahmen einer Mars-Sonde scheinen eine Schar von Spinnen auf dem Roten Planeten zu zeigen. Die Formen wurden nahe der »Inka-Stadt« entdeckt. Was ist da los?

Eine Sonde, die den Mars umkreist, hat scheinbar eine Gruppe von Spinnen beobachtet, die sich über die »Inka-Stadt« auf dem Mars ausbreiten. So wirkt es jedenfalls auf den Aufnahmen. Doch der Eindruck trügt: Die kleinen, dunklen Gebilde sind ein Naturphänomen. Sie entstehen, wenn die Frühlingssonne auf Kohlendioxidschichten fällt, die sich in den dunklen Wintermonaten abgelagert haben.

»Das Sonnenlicht bewirkt, dass sich das Kohlendioxid-Eis am Boden der Schicht in Gas verwandelt, das sich dann aufbaut und die darüber liegenden Eisplatten durchbricht«, erklärt die Europäische Weltraumorganisation (Esa) in einer Pressemitteilung. »Das Gas bricht im Marsfrühling aus und reißt dabei dunkles Material an die Oberfläche, wobei es bis zu einem Meter dicke Eisschichten zersprengt.«

Das Gas schieße in Form hoher Fontänen oder Geysiren nach oben, bevor es wieder nach unten fällt und sich auf der Oberfläche absetzt, heißt es weiter. Dabei entstehen Forschern zufolge dunkle Flecken mit einem Durchmesser zwischen 45 Metern und einem Kilometer. »Durch den gleichen Prozess entstehen charakteristische ›spinnenförmige‹ Muster unter dem Eis«, erklärt die Esa.

Rätselhafte Gegend in südlicher Polarregion

Beobachtet wurde das Phänomen in der Nähe einer Region, die auch als Inka-Stadt bekannt ist. Der Name leitet sich von der dort ungewöhnlich strukturierten Marsoberfläche ab: Bergkämme stehen im mehr oder weniger rechten Winkel zueinander und erinnern so an die Inka-Ruinenstadt des Weltkulturerbes von Machu Picchu in Peru.

Die Region heißt offiziell Angustus Labyrinthus. Sie wurde 1972 von der NASA-Sonde »Mariner 9« entdeckt.

Die »Inka-Stadt« aus schräger Perspektive: Die Region, offiziell als Angustus Labyrinthus bekannt, wurde 1972 von der Nasa-Sonde »Mariner 9« entdeckt

Die »Inka-Stadt« aus schräger Perspektive: Die Region, offiziell als Angustus Labyrinthus bekannt, wurde 1972 von der Nasa-Sonde »Mariner 9« entdeckt

Foto: ESA / DLR / FU Berlin

Erst vergangene Woche hat die Esa-Sonde »Mars Express« aktuelle Bilder der Gegend geliefert. Aufgenommen wurde sie mit der hochauflösenden Stereokamera HRSC an Bord, die seit mehr als 20 Jahren in Betrieb ist. »Dieses Bild zeigt auf eindrucksvolle Weise diese rätselhafte Gegend in der südlichen Polarregion des Mars«, teilte das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit.

Der ExoMars Trace Gas Orbiter (TGO) hatte die Spinnenmuster ebenfalls aufgenommen. Seine Bilder vom 4. Oktober 2020 zeigen die Formen besonders deutlich (siehe oben).

Die Ursache für die Landschaftsformationen der Inka-Stadt ist bisher unklar. Doch es gibt einige Ideen: So könnte es sich laut DLR um schmale, vertikal stehende Gänge erstarrter Lava handeln, sogenannte Dykes. Infrage komme auch ein Asteroideneinschlag. Eine weitere Hypothese besagt, »dass die Erhebungen mit der benachbarten Dorsa-Argenta-Formation zusammenhängen, die viele lang gestreckte, in der Landschaft stehende Rücken aufweist, die als Esker interpretiert werden«.

Der Begriff gehe auf das irische Wort Eiscir zurück, in etwa Kiesgrat auf Deutsch. Er bezeichnet lang gestreckte, manchmal geschwungene Rücken, die aus Ablagerungen in Gletscherflüssen gebildet wurden und nach dem Gletscherrückzug sozusagen als invertierte Flusstäler zurückbleiben. Was laut DLR dagegen spricht: »Esker weisen nicht diese polygonalen Strukturen auf, die in Inka-Stadt zu sehen sind.«

»Mars Express« startete vor mehr als 20 Jahren

Die jüngst veröffentlichten Bilder von Angustus Labyrinthus wurden bereits am 27. Februar 2024 während des »Mars Express«-Orbits 25449 aufgenommen.

Die Sonde war im Juni 2003 vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan gestartet. Gut sechs Monate später schwenkte sie in den Mars-Orbit. Seither liefert die Sonde Daten zur Geologie, Mineralogie und Atmosphäre des Roten Planeten. Wegen des »großen wissenschaftlichen Ertrags«, wie das DLR schreibt, wurde die Mission des »Mars Express« von der Esa mehrmals verlängert, zuletzt bis Ende 2026.

Der ExoMars Trace Gas Orbiter wurde am 14. März 2016 von Baikonur aus ins All befördert. Im April 2018 nahm er seinen Routinebetrieb auf.