1. FC Nürnberg:Allumfassend deprimierend

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Erneut enttäuscht: FCN-Trainer Cristian Fiél. (Foto: Daniel Marr/Sportfoto Zink/Imago)

Durch das 0:1 gegen den KSC steigt beim Club die Abstiegsangst. Der Mannschaft ist der Mut abhandengekommen - und den Fans das Gefühl, dass es vorangeht. Womöglich steht ein erneuter Umbruch an.

Von Christoph Ruf

Die Eintrittskarten des 1. FC Nürnberg zierte auch vor der 0:1-Niederlage gegen den Karlsruher SC ein originelles Motiv: zwei in Rot und Schwarz gekleidete Comicfiguren im Manga-Style. Aufdruck: "Hier regiert der FCN!" Genau das taten die Gastgeber allerdings an diesem Sonntagnachmittag nicht ansatzweise. Stattdessen regierte fast ausschließlich der KSC, der die erste Hälfte nach Belieben dominierte und in der 37. Minute in Führung ging: Igor Matanovic traf nach Vorarbeit von Marvin Wanitzek, der wiederum zuvor selbst drei Chancen gehabt hatte (3./16./25.). Das 0:1 war auch der Endstand, beim Club war an eigene Abschlüsse nicht zu denken.

Es stimmte nichts - weder im Spiel nach vorn noch im Defensivverhalten, was der sichtlich mitgenommene FCN-Coach Cristian Fiél erfreulich ehrlich eingestand: "Ich hoffe, Sie sehen mir nach, dass ich zu der ersten Halbzeit kein Wort verliere", sagte er, um dann doch noch Worte zu verlieren: "Wir waren nicht vorhanden, nicht mit Ball, nicht ohne Ball." Immer wieder landete der Ball nach zwei, drei Pass-Stationen bei den aggressiv störenden Badenern, die auch bei eigenem Ballbesitz ball- und kombinationssicherer waren. Wenn der Club dann doch einmal in die Nähe des Karlsruher Strafraums kam, war der KSC längst wieder in Überzahl, weil zwei, drei Nürnberger Mittelfeldspieler die Vorwärtsbewegung mieden.

Was dem Club-Anhang angesichts des rätselhaften Versagens aller Systeme zur Halbzeitpause blieb, war die Hoffnung, dass jemand dieser Mannschaft mitteilen möge, dass sie zurückliegt. Und die Tatsache, dass der Lokalrivale aus Fürth nach 0:2 Rückstand mittlerweile beim SV Wehen-Wiesbaden 3:2 führte - am Ende gewannen die Franken 5:3. Nach dem überraschenden Lauterer Sieg in Kiel wäre ein Sieg der Hessen fatal für die kurzfristige Saisonprognose der Franken gewesen, wobei die Tabelle auch so einigermaßen bedrohlich ist: Nur noch fünf Punkte trennen den Club bei noch drei Spieltagen vom Abstiegs-Relegationsrang.

Immerhin: Im zweiten Durchgang wurde der Club ein wenig vitaler und Sebastian Andersson war es vorbehalten, KSC-Keeper Patrick Drewes nach gut einer Stunde zum ersten Mal an diesem Nachmittag durchzubewegen (58.). Lukas Schleimer schaffte das kurz darauf erneut (66.) - und doch änderte sich am Gesamteindruck wenig: Diese Nürnberger Mannschaft, die an den guten Tagen, von denen es vorwiegend in der Hinrunde einige gab, ansehnlichen und erfolgreichen Fußball spielen kann, zeigt seit Wochen und Monaten keinerlei Krisen-Resistenz.

Teile der Fans haben einen Sündenbock ausgemacht: Sportvorstand Dieter Hecking

"Wir woll'n euch kämpfen seh'n", skandierten die noch nicht vor Schreck erstarrten Teile der Nordkurve, als die Nachspielzeit anbrach. Ein hilfloser Satz zwar - doch einer, den Club-Kapitän Enrico Valentini, der im Übrigen interessanterweise mehr Ernst beim Training anmahnte, dennoch als "letzte Instanz" bezeichnete: "Der tut am allermeisten weh und das sollte er auch. Das sollten wir spüren." Dass ihr Team in den vier Minuten Nachspielzeit dann nicht mehr länger als ein paar Sekunden an den Ball kam und der KSC zwei Gelegenheiten zum 0:2 fast schon arrogant vertändelte, passte zu diesem aus Nürnberger Sicht allumfassend deprimierenden Nachmittag, der nachwirken dürfte.

Fiél hatte dem FCN zu Saisonbeginn einen mutigen, attraktiven Spielstil verordnet, der die Fans begeisterte und bei der Mitgliederversammlung im November zu Ovationen trieb. Derzeit muss er mitansehen, wie sein Verein nicht nur spielerisch abrutscht - sondern als 17. des Rückrunden-Klassements auch tabellarisch. Teile der Fans haben derweil einen anderen Sündenbock ausgemacht: Sportvorstand Dieter Hecking, der am Sonntag zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage zur Mannschaft sprach. Spätestens nach Saisonende, möglicherweise früher, könnte beim FCN ein erneuter Umbruch erfolgen. Lange schien es, als sei in dieser Saison zumindest ein Entwicklungsschritt möglich, nachdem das Team in den vergangenen vier Jahren drei Mal im Abstiegskampf festgesteckt war. Das Gefühl, dass es vorangeht beim Club, ist einstweilen gründlich abhandengekommen.

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