Münchner Leute der Woche:Verena Nolte baut Brücken aus Papier

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Verena Nolte bei der Buchmesse in Lwiw 2018, mit Taras Prochasko und Jurko Prschasko. (Foto: privat)

Die Literaturwissenschaftlerin organisiert seit Jahren Kontakte zwischen deutschen und ukrainischen Schriftstellern. Unsere Münchnerinnen und Münchner der Woche.

Von Philipp Crone, Martina Scherf und Stefanie Witterauf

Verbinden

Als die kleine Gruppe von Schriftstellern aus der Ukraine und aus Deutschland sich im Sommer 2018 am Strand von Mariupol traf, da konnten sie noch zusammen lachen. Doch für die Ukrainerinnen und Ukrainer war der Krieg schon damals traurige Realität. Täglich starben Menschen im Osten des Landes. "Und unsere Freunde warnten uns: Es wird noch schlimmer kommen", erinnert sich Verena Nolte. Nur wollte das im Westen damals niemand hören. Die Münchner Literaturwissenschaftlerin organisiert seit dem Überfall Putins auf die Krim 2014 regelmäßig Treffen zwischen deutschen und ukrainischen Autoren. "Paperbridge", eine Brücke aus Papier, heißt ihre Initiative (https://paperbridge.de).

Auch im Herbst 2023 reiste sie mit deutschen Schriftstellerinnen und Schriftstellern in die Ukraine. In Ushhorod, ganz im Südwesten, trafen sie sich zu einem Literaturfest. Nolte tut alles dafür, in Zeiten des Krieges die Kontakte nicht abreißen zu lassen. Mariupol, die einst so lebendige Stadt am Asowschen Meer, ist inzwischen komplett zerstört. Einer der letzten in der Stadt verbliebenen Journalisten war Mstyslav Chernov. Seinen Film "20 Tage in Mariupol" über die russische Belagerung, der 2024 den Oscar für den besten Dokumentarfilm erhielt, zeigt die Ukrainische Freie Universität München am Dienstag, 30. April, (die Veranstaltung ist ausgebucht, der Film ist aber noch bis Juni in der ARD-Mediathek abrufbar). Verena Nolte spricht an dem Abend mit dem Münchner Schriftsteller Hans Pleschinski, der beim Literaturfest in Mariupol dabei war und ein Tagebuch schrieb, über ihre Eindrücke und Hoffnungen. Die Brücke aus Papier ist stabil.

Erklären

Maurice Weber, Gewinner des "Best Player Awards". (Foto: Sebastian Reuter/Getty Images for Marchsreiter Co)

Maurice Weber, 33, spricht ein wenig manieriert in seinen Videos, aber das passt zu manchen Spielen, die er bespricht. Wie etwa das Aufbau-Game "Manor Lords", das im Mittelalter spielt und bei dem Spieler Dörfer und Ortschaften samt Bewohnern erschaffen. Außerdem klingt so durchgehend Begeisterung mit. Weber ist im Off zu hören, während er seine Spiele ablaufen lässt. Er erklärt, wie man spielen könnte, und erzählt, worum es geht, und das in permanentem Wechsel. Information trifft Unterhaltung, das kommt an. Weber hat gerade den Preis "Spieler des Jahres" beim Deutschen Computerspiele-Preis bekommen.

Kultivieren

Frédéric Lapierre erhält von Professorin Sonja Munz einen "Oskar" für seine Promotion. (Foto: Alexander Ratzing)

Sporosarcina pasteurii ist sehr klein, man gibt die Dimension der Bakterien in o,5 bis 4 μm, also Tausendstel Millimeter an. Frédéric Lapierre, 31, hat mit diesen Winzlingen aber Großes erreicht. Er darf sich nun Doktor nennen und hat seine Promotion an der Hochschule München wegen seiner Forschung an besagten Winzlingen auch noch mit einer Auszeichnung abgeschlossen. Lapierre erhielt den Oskar-von-Miller-Preis der Hochschule, weil er große Fortschritte bei der effizienten Kultivierung des Bakteriums erreicht hat, das gezielt Kalk ablagern könne und beispielsweise in "selbstheilendem Beton" zum Einsatz komme, wie es in einer Mitteilung der Hochschule hieß.

Sein Verfahren zur Vermehrung der Mikroorganismen ermögliche den rentablen Einsatz der Methode für verschiedene Anwendungsfelder. Durch gesunkene Herstellungskosten wolle man "einen Beitrag zur Industrialisierung der Biozementierung schaffen, um nachhaltige Anwendungen in der Bauindustrie und der Umwelttechnik zu etablieren", sagt Lapierre.

Zittern

Chorleiterin Pola Dobler mag Hexen. (Foto: Toni Hasselmann)

In der Walpurgisnacht, am 30. April, wird der Winter vertrieben und der Frühling eingeläutet. Der Brauch geht auf heidnische Frühlingsfeste zurück, meist mit Feuer, das böse Geister verjagen soll. Es wird auch von der Hexennacht gesprochen. Die Hexe ist das Symbol der Frauenbewegung, das bis heute für weibliche Selbstbehauptung steht. Es erinnert auch an das Mittelalter und die frühe Neuzeit, in denen der Glaube an Hexen weit verbreitet war. Tausende von Frauen, aber auch Männer wurden ermordet. In München soll vor 300 Jahren zum letzten Mal eine Frau auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden sein. "In den 1960er haben sich am 1. Mai erstmals Frauen in Italien zusammengeschlossen und sind auf die Straße gegangen, um auf sexuelle Gewalt und Femizide aufmerksam zu machen", sagt die Gründerin und Leiterin des Chors "Witches of Westend", Pola Dobler. Jeden dritten Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner ermordet.

Vor diesem Hintergrund veranstaltet Dobler zusammen mit dem "Mystic Choir"-Kollektiv zum zweiten Mal ein Festival in der Walpurgisnacht, mit Live-Musik, Performance und DJ-Sets. Die Veranstaltung positioniert sich aber auch politisch. "Dieses Jahr wird es einen Gallery Walk geben, um Vereine wie das Lesbisch-queere Zentrum LeZ, den Frauennotruf oder das Frauengesundheits-Therapiezentrum vorzustellen", sagt Pola Dobler. Das Spektakel findet unter dem Motto: "Tremate, tremate, le streghe son tornate" - "Zittert, zittert, die Hexen sind zurück" - statt und beginnt um 18 Uhr im Zirka, Dachauer Straße 110c. Eintritt 25 Euro.

Schreiben

Graffiti-Artist Heiko Zimmermann (Foto: privat)

Liebe, Schmerz, Sehnsucht, Nahes und Fernes - alles, was sie bewegt, können Menschen in Giesing in Worte fassen, die am Samstag, 4. Mai, um 20 Uhr an die Wand des "Candy" projiziert werden. Das Zwischennutzungsprojekt direkt am Candidplatz mit Coworking, Workshopflächen, Ateliers und Tanzcafé ist ein neuer Stadtteiltreff mit bezahlbaren Räumen für die Kreativwirtschaft und für soziale Initiativen von Kleidertausch bis Jugendarbeit. Heiko Zimmermann, Graffiti Artist der ersten Generation, Gründer der Agentur "Art Avenue" und künstlerischer Leiter der Zwischennutzung, hat die Agentur Lichtfaktor für das kostenlose interaktive Light Painting engagiert, DJ Explizit sorgt für Hip-Hop, Drinks gibt es vom Roody Tanzcafé. Man kann Botschaften auch vorab einreichen unter aufeinwort@mucbook.de. (Ausweichtermin 11. Mai).

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