Davide Cerullo wuchs in Neapel im rauen Viertel Scampia auf. Er wurde Dealer, kam in der Camorra groß raus – und schaffte den Absprung. Heute setzt er sich mit seiner Vergangenheit literarisch auseinander. Ein Treffen in Neapel.
Die Atmosphäre ist nüchtern. Über dem Küchentisch brennt eine Glühbirne, die Wände sind kahl, etwas warme Frühlingsluft weht vom Balkon herein. Ein Alltagssetting, das so gar nicht zur Geschichte von Davide Cerullo passen will.
Der 49-Jährige sitzt am Tisch und zeigt auf ein Jugendfoto von sich. "Wie schrecklich sah ich da aus", sagt er. Auf dem Bild ist er 16, markantes Gesicht, Sonnenbrille, eben ein junger Dealer mit dem Zeug, in der Camorra mal ganz groß rauszukommen. Dass er wenige Jahre später den Absprung schaffte, er, der kaum zur Schule gegangen war, anfing zu lesen und nun selbst Bücher schreibt, ist für Cerullo auch heute noch "ein Wunder".