In München könnten sie sich in aller Ruhe auf den Schlagabtausch mit Real Madrid vorbereiten. Immerhin bietet sich im Halbfinale der Champions League die große Chance, eine verkorkste Saison doch noch ansatzweise zu retten. Dafür gilt es Kraft und Konzentration zu bündeln, um im Duell mit dem spanischen Spitzenteam zu bestehen. Man kann sich aber auch in internen Streitereien verlieren, so wie es der Rekordmeister drei Tage vor dem wichtigsten Spiel der Saison – ohne große Not – zelebriert.
Der öffentliche Disput zwischen Thomas Tuchel und Uli Hoeneß bestimmt die Gemengelage beim FC Bayern. Da nützt es auch nichts, dass der Sportvorstand das selbst gelegte Feuer mit allen Mitteln löschen will. Das mache „nichts“ mit der Mannschaft, betonte Max Eberl mit Blick auf den öffentlichen Streit zwischen dem Ehrenpräsidenten Hoeneß und Trainer Tuchel. „Die Mannschaft hat gezeigt, dass es sie nicht beeinflusst. Der Trainer hat gezeigt, dass sie es nicht beeinflusst und uns auch nicht. Wir gehen da durch und werden trotzdem die bestmöglichen Ergebnisse erzielen“, sagte Eberl nach dem 2:1 (1:1) der Münchner gegen Eintracht Frankfurt.
Hoeneß, der noch immer im Hintergrund herrschende Patron des FC Bayern, hatte bei einer Podiumsdiskussion der „FAZ“ die Arbeit von Tuchel bei der Entwicklung von jungen Spielern bemängelt. Tuchel fühlt sich in seiner „Trainer-Ehre“ verletzt, die „Anschuldigungen“ seien „meilenweit“ von der Realität entfernt und „haltlos“, platzte es vor dem Frankfurt-Spiel im Sky-Interview aus Bayerns Trainer heraus. Tuchel wirkte dabei sichtlich fassungslos. Später legte er noch nach. „Es stehen zehn unglaublich wichtige Tage für uns alle an. Es gibt jetzt keinen schlechteren Zeitpunkt für irgendwelche Nebenschauplätze. Es geht jetzt nur um Real Madrid, den VfB Stuttgart und Real Madrid“, sagte Tuchel. Der Versuch, den Fokus auf das Sportliche zu legen, wirkt beinahe verzweifelt.
Ebenso wie Eberls Auftritt als Vermittler. Er gehe davon aus, dass sich die „zwei Männer“, also Hoeneß und Tuchel, „zusammenraufen und dann alles fokussieren“, erklärte der Sportvorstand. „Das werden zwei Männer miteinander besprechen und dann ist die Sache erledigt.“ Tuchel hatte vor dem Frankfurt-Spiel allerdings bereits signalisiert, dass er wenig Lust auf eine Aussprache mit seinem „Boss“ Hoeneß habe.
Müller reagiert wie Kahn
Für Dietmar Hamann liegt der Ball ohnehin beim Ehrenpräsidenten der Münchner. „Mich würde es wundern, wenn Hoeneß nicht versucht, das richtigzustellen in der nächsten halben Stunde oder Stunde. Wenn das nicht kommt, weiß ich nicht, wie es in dem Verein weitergehen soll. Das beeinflusst auch seine Vorbereitung auf Real. Mich würde es sehr wundern, wenn Hoeneß nicht versucht, das klarzustellen oder sich zu entschuldigen“, sagte Hamann bei Sky. Dann nahm der Experte Tuchel in Schutz und sagte mit Blick auf die Talentförderung bei den Bayern: „Einen Pavlovic hat vor Tuchel keiner gekannt. Er hat jetzt 20 Spiele, wurde in die Nationalmannschaft einberufen.“
Derweil versuchte Thomas Müller, die Streitereien seiner Vorgesetzten mit einem Lacher zu übertönen. Der dienstälteste Bayern-Profi parodierte nach dem Sieg gegen Frankfurt den langjährigen Torwart und früheren Bayern-Vorstandschef Oliver Kahn, als er zur Auseinandersetzung von Hoeneß und Tuchel befragt wurde. „Das ist mir scheißegal“, sagte Müller am Samstag in der ARD in seiner gelungenen Kahn-Imitation mit verstellter Stimme.
Kahn hatte die legendären Worte im Jahr 2002 nach einer Niederlage in Bremen gesprochen. „Wenn‘s scheiße läuft, läuft‘s scheiße“, hatte Kahn damals gesagt und beim Nachhaken nach seiner Schuld bei den Gegentoren lächelnd angefügt: „Das ist mir scheißegal.“ Es bleibt abzuwarten, wie egal die Nebengeräusche den Bayern im Halbfinale gegen Real sein werden.