Bepi Colombo: Die Venus verliert Kohlenstoff- und Sauerstoff-Ionen

Die Venus soll einst eine gemäßigte Welt wie die Erde gewesen sein. Es soll flüssiges Wasser auf ihrer Oberfläche gegeben haben. Heute ist sie ein glühender Höllenplanet, der in Wolken aus Kohlendioxid erstickt, die Schwefelsäure regnen lassen. Die Raumsonde Bepi Colombo hat jetzt erstmals entweichende Kohlenstoff- und Sauerstoff-Ionen aus der Venusatmosphäre entdeckt.

Beim Kohlenstoff handelt es sich "um schwere Ionen, die sich normalerweise langsam bewegen, so dass wir immer noch versuchen, die Mechanismen zu verstehen, die dabei im Spiel sind", erklärte Dominique Delcourt, Astrophysiker am Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung (Centre national de la recherche scientifique, CNRS) in Frankreich, in einer Pressemitteilung. Schwere Ionen und Moleküle wie Kohlenstoff-Ionen hingegen müssten eigentlich gebunden bleiben.

Planetenatmosphären sind in der Regel undichte Gebilde. Die Erde verliert jeden Tag etwa 90 Tonnen atmosphärisches Material. Das ist nicht genug, um eine Delle zu hinterlassen. Dennoch kann man mithilfe dieser Erkenntnis Ableitungen zu anderen Planeten schaffen, um diese besser zu verstehen. "Es könnte sein, dass ein elektrostatischer Wind sie vom Planeten wegzieht, oder sie könnten durch Zentrifugalprozesse beschleunigt werden", so Decourt.

Die rätselhaften Entweichungsmechanismen

"Die Charakterisierung des Verlusts schwerer Ionen und das Verständnis der Entweichungsmechanismen auf der Venus sind entscheidend, um zu verstehen, wie sich die Atmosphäre des Planeten entwickelt und wie er sein gesamtes Wasser verloren hat", erklärte Delcourt.

Diese Entdeckung könnte in Verbindung mit früheren Erkenntnissen über den Verlust von Wasserstoff auf der Venus einen Hinweis auf die Verwandlung des Planeten liefern.

Kein Magnetfeld im Innern

Die Venus hat – anders als die Erde – kein Magnetfeld, das im Innern des Planeten erzeugt wird. Deren Magnetfeld ist das Ergebnis von Wechselwirkungen zwischen geladenen Teilchen in der oberen Atmosphäre der Venus und den Magnetfeldern sowie bewegten Ionen im Sonnenwind. Das Ergebnis ist eine schwache tränenförmige Magnetosphäre, deren Ende mit dem Sonnenwind davonfliegt.

Die Magnetosphäre wird von der Magnetoscheide umgeben, die sich zwischen der äußeren Grenze der Magnetosphäre und dem komprimierten Material (dem Bugstoß, englisch cosmic bow shock) befindet. Bepi Colombo flog durch diesen Bereich zwischen der Venus und der Sonne und streifte den Planeten nur knapp. Die Instrumente der Raumsonde entdeckten Sauerstoff- und Kohlenstoff-Ionen, die so beschleunigt wurden, dass sie der Schwerkraft der Venus entkommen konnten.

Künftige Missionen sollen die Wissenslücken schließen

"Jüngste Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Entweichen der Atmosphäre von der Venus den Verlust ihres historischen Wassergehalts nicht vollständig erklären kann", erklärte die Astrophysikerin Moa Persson vom schwedischen Institut für Weltraumphysik in der Pressemitteilung.

"Diese Studie ist ein wichtiger Schritt, um die Wahrheit über die historische Entwicklung der Venusatmosphäre aufzudecken. Weitere Missionen werden dazu beitragen, viele Lücken zu schließen." Für die nahe Zukunft sind mindestens drei Missionen zur Erkundung der Venus geplant. Sie sollen den Entweichungsmechanismus besser erforschen, aber auch klären, ob die Venus weiterhin vulkanisch aktiv ist. Außerdem sollen sie nach der Möglichkeit von Leben in den Wolken vor Ort suchen.

Zur Studie

Die Forschungsergebnisse wurden am 12. April 2024 in der Fachzeitschrift Nature Astronomy veröffentlicht: BepiColombo observations of cold oxygen and carbon ions in the flank of the induced magnetosphere of Venus (BepiColombo-Beobachtungen von kalten Sauerstoff- und Kohlenstoff-Ionen in der Flanke der induzierten Magnetosphäre der Venus).