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Prozess vor dem Landgericht Frankfurt Mehr als drei Jahre Haft wegen Insiderhandels

Rund 14 Millionen Euro Gewinn hat ein ehemaliger Kommunikationsberater mit vertraulichen Informationen über Fusionen und Übernahmen gemacht. Er muss jetzt für drei Jahre und drei Monate ins Gefängnis. Das Frankfurter Landgericht blieb damit deutlich unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft.
Aus Frankfurt am Main berichtet Katharina Slodczyk
Schatten am deutschen Finanzplatz: Mit vertraulichen Informationen über die Pläne deutscher Konzerne wie Bilfinger und Osram hat ein ehemaliger Journalist Millionen gemacht. Er muss jetzt für mehr als drei Jahre ins Gefängnis und Millionen zurückzahlen

Schatten am deutschen Finanzplatz: Mit vertraulichen Informationen über die Pläne deutscher Konzerne wie Bilfinger und Osram hat ein ehemaliger Journalist Millionen gemacht. Er muss jetzt für mehr als drei Jahre ins Gefängnis und Millionen zurückzahlen

Foto: Daniel Roland / AFP

Es war eine Mischung aus Verzweiflung und Resignation, die der Angeklagte im Prozess wegen Insiderhandels vor dem Landgericht Frankfurt in seinem Schlusswort offenbarte: „Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als meine schwer kranken Eltern zu sehen und mich dann auf den Haftantritt vorzubereiten“, sagte der 48-jährige ehemalige Journalist und spätere Kommunikationsberater am vergangenen Dienstag. Er habe Angst, dass sein Vater sterben werde und er keine Gelegenheit mehr haben werde, ihn vorher noch sprechen zu können.

An diesen Freitag verurteilte ihn das Gericht zu einer Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten und blieb damit deutlich unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Diese hatte sieben Jahre und drei Monate Haft gefordert, die Verteidiger hatten für höchstens drei Jahre plädiert. Der Mann, der bereits seit mehr als einem Jahr in Untersuchungshaft gesessen hat, wird dort aber auch weiterhin bleiben. Seine Hoffnungen auf eine vorübergehende Entlassung haben sich zerschlagen, weil die Staatsanwaltschaft dieses Woche einen neuen Haftbefehlt stellte und dies mit dem Verdacht auf ein weiteres Insidergeschäft sowie auf Geldwäsche begründete. Dadurch hatte sich die Urteilsverkündigung an diesem Freitag um ein ein paar Stunden verzögert, da Verteidigung und Staatsanwaltschaft zunächst über die Zulässigkeit des neuen Haftsbefehls debattierten.

Der 48-Jährige hatte mit Hilfe von Tipps eines inzwischen verstorbenen Perella-Weinberg-Investmentbankers zwischen 2017 und 2021 etwa 14 Millionen Euro Gewinn gemacht und dabei insgesamt rund 24 Millionen Euro eingesetzt. Er wurde ebenfalls verurteilt, diese Summe zurückzuzahlen. Sein Tippgeber hatte sich Anfang vergangenen Jahres, wenige Tage nach der Durchsuchung der Perella-Weinberg-Büros in London und seiner Wohnung, umgebracht.

Im Zuge des Prozesses kam vor allem durch Auszüge aus dem Tagebuch des Angeklagten heraus, wie sich die Beziehung zwischen ihm und dem Tippgeber ergeben hatte. Die beiden lernten sich vor etwa 20 Jahren kennen, als der Angeklagte dem späteren Banker seine Wohnung in München untervermietete. Es war der Beginn einer langen Freundschaft.

Er habe allerdings zunächst lange „Missionsarbeit“ leisten müssen, um ein Vertrauensverhältnis zu dem Banker aufzubauen und ihn dazu zu bringen, über bevorstehende Übernahmen und Fusionen zu sprechen. „Frühstückskartell“ nannte er diese Beziehung in seinen Tagebüchern. Es habe ihn zum Millionär gemacht. Teilweise hat der Angeklagte auch Geld für seinen Tippgeber investiert und das bereits 2006, als ihm dieser 2000 Euro in 50-Euro-Scheinen zum Investieren rübergeschoben habe.

Der Angeklagte hatte bereits zu Beginn des Prozesses Anfang des Jahres gestanden, dass er vertrauliche Informationen für Aktiengeschäfte genutzt hat. Er stellte allerdings infrage, ob es sich dabei wirklich um Insiderwissen handelte. Er hat die Tipps aus London eher als vage Hinweise auf mögliche Übernahmen und Fusionen beschrieben – und sich selbst als jemanden, der schon sehr früh und ohne Scheu mit großen Summen an der Börse hantiert und immer wieder auch mal Verluste gemacht hat. Teilweise hat der Mann auch Konten seiner Neffen und seines Vaters für Aktiengeschäfte genutzt.

Das Gericht habe das Geständnis des Angeklagten bei dem Strafmaß berücksichtigt, betonte Annette Zander, die Vorsitzende Richterin, bei ihrer Urteilsbegründung. Allerdings sei man in allen Fällen davon ausgegangen, dass es sich auch wirklich um Insiderinformationen gehandelt habe. Zudem müsse man die kriminelle Energie in Betracht ziehen. Der Angeklagte habe seinen Tippgeber „angefüttert“.

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