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Schwächelnder Ruhrkonzern Milliardär Křetínský steigt bei Thyssenkrupps Stahlsparte ein

Um die schwächelnde Stahlsparte von Thyssenkrupp wird seit Langem gerungen, erst kürzlich wurden erhebliche Einschnitte angekündigt. Jetzt steht ein neuer Anteilseigner bereit. Der Unmut auf Arbeitnehmerseite ist groß.
Plötzlich Stahlfreund: Daniel Křetínský übernimmt 20 Prozent von Thyssenkrupp Stahl – mit Option auf mehr

Plötzlich Stahlfreund: Daniel Křetínský übernimmt 20 Prozent von Thyssenkrupp Stahl – mit Option auf mehr

Foto: David W Cerny / REUTERS

Thyssenkrupp hat sich mit der EP Corporate Group (EPCG) des tschechischen Milliardärs Daniel Křetínský (48) auf eine Beteiligung am Stahlgeschäft des Industriekonzerns geeinigt. EPCG erwerbe 20 Prozent der Anteile an der Stahlsparte, teilte der Essener Konzern am Freitag mit.

Über einen Einstieg Křetínskýs bei Thyssenkrupps Stahlgeschäft wurde schon seit einiger Zeit spekuliert. Thyssenkrupp hatte Ende November Verhandlungen mit Křetínský über dessen Einstieg ins Stahlgeschäft öffentlich gemacht. Konzernchef Miguel López erhofft sich dadurch unter anderem eine Lösung bei den zu erwartenden höheren Energiekosten im Zusammenhang mit dem Umbau hin zu einer weniger klimaschädlichen Produktion.

EPCG ist die Muttergesellschaft der Holding EPH von Křetínský. Laut Thyssenkrupp ist der Abschluss der Transaktion noch im laufenden Geschäftsjahr geplant. Dies gelte unter dem Vorbehalt einer etwaigen Zustimmung der zuständigen Behörden und des Thyssenkrupp-Aufsichtsrates.

Ein Selbstläufer ist das nicht, auf Arbeitnehmerseite ist der Unmut bereits groß: Anders als bei Thyssenkrupp üblich wurde die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat in die Planungen nicht eingebunden. Selbst Spitzenleute wie Thyssenkrupp-Aufsichtsratsvize Jürgen Kerner von der IG Metall oder Betriebsratschef Tekin Nasikkol seien nur sehr kurzfristig und oberflächlich über den bevorstehenden Einstieg des Investors informiert worden. "Der Druck ist sehr groß, weil das Geld für den Umbau der Stahlsparte sehr knapp ist", hieß es in Aufsichtsratskreisen. In einer Mitteilung kurz nach Ankündigung des Einstiegs machte Kerner seinem Ärger Luft: «Die Mitbestimmung hat nur wenige Stunden vor der Öffentlichkeit von der Entscheidung erfahren. Das ist kein guter Stil und kein guter Start.»

Wie es in der Pressemitteilung des Konzerns weiter heißt, gibt es darüber hinaus Gespräche über den Erwerb weiterer 30 Prozent der Anteile am Stahlgeschäft durch EPCG. Ziel sei ein gleichberechtigtes Joint Venture.

Die Nachricht kam an der Börse gut an. Die Aktie von Thyssenkrupp, die sich seit Monaten auf Talfahrt befindet, notierte am Freitagmittag mit einem Plus von 8,2 Prozent.

Thyssenkrupp hatte erst vor wenigen Tagen umfangreiche Sparmaßnahmen in seiner Stahlsparte angekündigt. So will Deutschlands größter Stahlhersteller seine Produktionskapazitäten in Duisburg deutlich reduzieren. Damit werde „auch ein noch nicht bezifferbarer Abbau von Arbeitsplätzen verbunden sein“, so das Unternehmen. Das manager magazin berichtete daraufhin von erheblichem Disput innerhalb der Konzernführung über den bevorstehenden Stellenabbau .

Am kommenden Dienstag ruft die IG Metall zu einer Belegschaftsversammlung in das Stadion des MSV Duisburg. Eine Teilnahme lehnte Thyssen-Chef López am Freitagmittag in einem Pressecall erneut ab: Die Gespräche mit Křetínský seien schon seit Langem bekannt, auch im Hinblick auf den geplanten Stellenabbau gebe es keinen neuen Stand. López zeigte sich überzeugt: "Das geplante 50-zu-50-Joint-Venture wird von der Gewerkschaft als sehr positiv eingeordnet."

cr/Reuters