Point-to-Multipoint: Swisscom muss wegen Netztopologie Millionenstrafe zahlen

Der kleine Internetanbieter Init7 hat einen Sieg gegen Swisscom errungen. Durch den Streit sind seit Jahren 500.000 fertige FTTH-Zugänge blockiert. Doch Init7 will symmetrische 25 GBit/s.

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Die wichtige Runde gegen die Swisscom geht an Init7.
Die wichtige Runde gegen die Swisscom geht an Init7. (Bild: Init7)

Die Schweizer Wettbewerbskommission (Weko) hat die Swisscom in einer Untersuchung zu ihrer Netzarchitektur zu einer Kartellrechtsstrafe von 18 Millionen Franken (18,4 Millionen Euro) verurteilt. Das gab die Behörde am 25. April 2024 bekannt.

Swisscom darf nur noch in der Point-To-Point-Topologie ausbauen, statt Point-To-Multipoint ab dem Manhole zu verwenden. Die Netzarchitektur mit nur einer Zuleitung von der Telefonzentrale bis zum Straßenschacht ist laut Weko kartellrechtswidrig. Nötig sei der Ausbau von einer Zuleitung für jeden Haushalt, hieß es weiter.

Die Auseinandersetzung dauert seit vier Jahren an. Die Entscheidung der Weko kann beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden. Diesen Schritt behält sich Swisscom ausdrücklich vor.

Der kleinere Internetanbieter Init7 zeigte sich über die Regulierungsentscheidung erfreut. Das Unternehmen hatte die Swisscom auch beim Regulierer angezeigt. Init7 erklärte (PDF): "Ohne freien Zugang zur durchgängigen Glasfaser zwischen Zentrale und Endkunde würden alternative Provider zu Wiederverkäufern von vorkonfektionierten Swisscom-Produkten degradiert."

Init7 werde seine Präsenz in der ganzen Schweiz mit neuen PoPs (Point of Presence) ausbauen, hieß es weiter. Für das Jahr 2024 sind demnach 120 neue PoPs vorgesehen, welche die aktuell circa 260 bestehenden PoPs ergänzen und das 25 Gigabit-Angebot für weitere Teile der Bevölkerung ermöglichen sollen.

Tatsächlich bietet Init7 Privat- und Geschäftskunden bis zu 25 GBit/s im Downstream und Upstream. Die freie Wahl der Datenrate ist bei Point-to-Multipoint nicht möglich. "Wir setzen auf Layer 1 von Vorleistern und investieren in den eigenen Layer 2, nicht so wie andere, die nur vorkonfektionierte Swisscom-Produkte weiterverkaufen", sagte Init7-Chef Fredy Künzler im Januar 2022 im Gespräch mit Inside IT.

Swisscom wehrt sich gegen den Entscheid des Regulierers

Für den Netzbetreiber Swisscom Ist der Entscheid der Weko nicht nachvollziehbar. "Alle Mitbewerber hätten auch bei der P2MP-Topologie bei Swisscom nichtdiskriminierend einen Datenstrom zu einem bestimmten Anschluss beziehen können und damit wie bisher ein komplettes und wettbewerbsfähiges Angebot inkl. Telefonie, Internet und TV anbieten können", erklärte das Unternehmen. Die P2MP-Topologie sei zudem beim FTTH-Ausbau in den "allermeisten europäischen Ländern vorherrschend, regulatorisch akzeptiert und kartellrechtskonform".

Damit ist jedoch kein Zugang der Wettbewerber zu einer physischen Leitung möglich, sie erhalten Zugang auf dem Layer 3. Bei einem Layer-1-Produkt installieren die Konkurrenten von Swisscom ihre eigene Technik in den Telefonzentralen der Swisscom und können ihre eigene Datenrate anbieten.

Swisscom werde, wie bereits im Oktober 2022 erklärt, neue Glasfaseranschlüsse in der von Weko erlaubten P2P-Topologie ausführen und bestehendes P2MP in P2P umbauen, "um der Blockade des Glasfaserausbaus entgegenzuwirken und um den von der Weko geforderten Layer-1-Zugang für Drittanbieter sicherzustellen. Der Ausbau mit P2P ist aufwendiger und erfordert mehr Tiefbauarbeiten".

Die Konkurrenten Salt und Sunrise haben sich in der Auseinandersetzung auf die Seite der Swisscom gestellt und bewerten die P2P-Topologie als zu aufwendig.

Seit dem Beginn der Untersuchung im Dezember 2020 darf die Swisscom ihr Glasfasernetz nicht mehr mit der von ihr bevorzugten Topologie ausbauen. Rund 500.000 fertige FTTH-Zugänge, die sofort in Betrieb genommen werden könnten, sind seitdem blockiert. Das Unternehmen rechnet damit, bis 2025 gut die Hälfte der blockierten Anschlüsse umgebaut zu haben.

Rund 95 Prozent aller Glasfaseranschlüsse weltweit basieren laut Swisscom auf der P2MP-Technologie. "P2MP-Topologie ist in Europa dominant", erklärte der Netzbetreiber Golem.de auf Anfrage. P2P komme nur in Ausnahmefällen wie beim subventionierten Netzausbau in Deutschland zum Einsatz.

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bernstein 27. Apr 2024 / Themenstart

Dank dem krieg ich 25Gb/s für schlappe 65¤ einziger Anwendungszweck: der...

M. 27. Apr 2024 / Themenstart

Störerhaftung gibt es in der Schweiz ebenso wenig wie kostenpflichtige Abmahnungen. Die...

jojo40 26. Apr 2024 / Themenstart

Positiv denken: Deutschland setzt die Prioritäten anders! Bei uns gibts die 25Gbit auf...

neocron 26. Apr 2024 / Themenstart

und damit NUTZEN sie die Leitung fuer ihre Geschaeftstaetigkeit! Nein, auch alle anderen...

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