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Umstrittene Kurzvideo-App TikTok wendet EU-Strafe ab, USA stellen Ultimatum

In Europa kann die umstrittene Kurzvideo-App TikTok eine Strafe der EU vorerst verhindern. In den USA erhöht nun auch der US-Senat den Druck und verlangt eine Trennung vom chinesischen Mutterkonzern ByteDance.
TikTok droht Verbot in den USA: Doch das Gesetz ist umstritten, Befürworter der App demonstrierten am Dienstag in Washington vor der Abstimmung des US-Senats

TikTok droht Verbot in den USA: Doch das Gesetz ist umstritten, Befürworter der App demonstrierten am Dienstag in Washington vor der Abstimmung des US-Senats

Foto: Mariam Zuhaib / dpa

TikTok hat die von der Europäischen Union (EU) geforderte Risikoeinschätzung für die neue App „TikTok Lite“ nach eigenen Aussagen am Dienstag eingereicht. Damit wendete die für ihre Tanzvideos bekannte und besonders bei Jugendlichen beliebte Plattform eine Strafzahlung vorerst ab.

Die EU stößt sich am Bonusprogramm von „TikTok Lite“. Nutzer erhalten dort Punkte für jedes angesehene Video. Kritiker befürchten, dass damit ein erhöhtes Suchtpotenzial entsteht. Die Tochter des chinesischen Konzerns ByteDance hatte „TikTok Lite“ in jüngster Vergangenheit in Frankreich und Spanien auf den Markt gebracht.

Das Unternehmen unterliegt als besonders großer Onlinedienst einer verschärften Regulierung im Rahmen des europäischen Digital Services Act (DSA). Dieser verbietet unter anderem sogenannte „Dark Patterns“, also manipulative Praktiken, mit denen Kunden auf den Plattformen gehalten oder zu Käufen animiert werden. Daneben verpflichtet das Gesetz Internetkonzerne dazu, ein Risikomanagement einzurichten sowie verstärkt gegen Hass und Hetze im Internet vorzugehen. Bei Verstößen drohen Strafen von bis zu sechs Prozent des weltweiten Jahresumsatzes.

TikTok ist allerdings auch politisch umstritten. So werfen Politiker in den USA China vor, über die insbesondere bei Jugendlichen beliebten App die Nutzer ausspionieren zu wollen. In der Nacht zu Mittwoch (MEZ) hat nun der US-Senat ein Gesetz verabschiedet, das ein mögliches Verbot der Videoplattform bedeuten könnte.

US-Senat stellt ByteDance Ultimatum

Das US-Gesetz, das einen Eigentümerwechsel bei der Kurzvideo-App TikTok erzwingen soll, hat auch den Senat als zweite Kongresskammer passiert. Damit kommt es nun auf den Tisch von Präsident Joe Biden (81) der bereits ankündigte, dass er es unterschreiben wird. Der in China ansässige ByteDance-Konzern hätte danach maximal ein Jahr Zeit, sich von TikTok zu trennen. Ansonsten soll die App aus amerikanischen App-Stores verbannt werden. Unklar ist, ob das Vorhaben vor US-Gerichten bestehen kann. Schon eine frühere Verbotsdrohung scheiterte dort.

„Jahrelang haben wir der Kommunistischen Partei Chinas erlaubt, eine der beliebtesten Apps Amerikas zu kontrollieren, und das war gefährlich kurzsichtig“, sagte Senator Marco Rubio (52), der führende Republikaner im Geheimdienstausschuss. „Ein neues Gesetz wird den chinesischen Eigentümer zwingen, die App zu verkaufen. Das ist gut für Amerika.“ TikTok reagierte zunächst nicht auf eine Anfrage von Reuters nach einer Stellungnahme, hatte aber bereits am Wochenende rechtliche Schritte gegen das Gesetz angekündigt.

Das Gesetz wurde vom Senat in der Nacht zum Mittwoch mit einer großen Mehrheit von 79 zu 18 Stimmen angenommen. ByteDance wird in den USA parteiübergreifend als chinesisches Unternehmen gesehen, das sich entsprechend dem Willen der Kommunistischen Partei Chinas beugen müsse. Deshalb wird gewarnt, chinesische Behörden könnten sich in großem Stil Zugriff auf Daten amerikanischer Nutzer verschaffen – und die Plattform auch für politische Einflussnahme nutzen. TikTok bestreitet dies seit Jahren.

rei/Reuters, dpa-AFX