SPD-Politiker gesteht bei Markus Lanz: Ehrlichkeit ist für die Politik nicht immer einfach

Felix Schwenke (44, SPD), Oberbürgermeister von Offenbach (Hessen), hat Verständnis für manche Entscheidungen der Ampel

Felix Schwenke (44, SPD), Oberbürgermeister von Offenbach (Hessen), hat Verständnis für manche Entscheidungen der Ampel

Foto: ZDF
Von: Josef Nyary

Der Fisch stinkt vom Kopf! In großer Einmütigkeit haben Kommunalpolitiker verschiedenster Parteien bei Markus Lanz (55) massive Vorwürfe gegen die Ampel erhoben. Nur einer fand erstaunlich milde Worte …

„Es ist total leicht, Versprechungen und Geschenke zu machen, die auf Kosten von anderen gehen!“, schimpfte die Eisenacher Oberbürgermeisterin Katja Wolf (49, BSW) über allzu vollmundige Ankündigungen aus Berlin. „Wir sind die letzten in der Fresskette, die es am Ende ausbaden, weil wir es umsetzen müssen. Kita, Migration, Wärmeplanung: Ich fühle mich dabei vom Bund alleingelassen!“

Schärfste Attacken

Wolfs deftiger Vorwurf: „Die Situation haben wir öfter, dass in Berlin eine neue Sau durchs Dorf getrieben wird und wir diejenigen sind, die sie wieder einfängt!“

Christine Hernier (66), parteilose Bürgermeisterin der Stadt Spremberg (Brandenburg), wetterte über „ein totales Spardiktat des Finanzministers“ und klagte: „Die Verwaltung des Mangels macht keine Freude!“

Bürgermeisterin Christine Hernier (66)

Bürgermeisterin Christine Hernier (66)

Foto: ZDF

Verständlichster Ärger

„Ich erwarte, dass man, wenn man spart, auch an neuen Aufgaben spart!“, sekundierte Bettina Dickes (52, CDU), Landrätin in Bad Kreuznach (Rheinland-Pfalz). Ihr typisches Beispiel: „Ab 2026 haben alle Grundschulkinder das Recht auf Ganztagsbetreuung und dazu acht Wochen Ferienbetreuung. Ich habe aber weder das Geld noch das Personal dazu!“

Ihr Ärger: „Ich weiß heute schon: Ich kann das nicht umsetzen. Die Eltern werden frustriert sein. Das Vertrauen in den Staat geht völlig nach unten, wenn es heißt: Wir haben das doch versprochen! Ich habe manchmal das Gefühl, dass man in Berlin irgendetwas hört, das sich nett anhört, und dann setzt man das um.“

Die Ampel völlig losgelöst?

Doch mit ihren Warnungen habe sie, so Dickes weiter, „auf Granit gebissen“, denn: „Die Begründung im Bundesfamilienministerium war, die Eltern wollen das, und dann liegt es an Ihnen, wenn Sie das nicht umsetzen können. Ich glaube, man ist in Berlin in einer anderen Welt!“

Nur bei Felix Schwenke (44, SPD), Oberbürgermeister von Offenbach (Hessen), fand die Bundesregierung Verständnis, allerdings eins der besonderen Art: „Man muss fairerweise sagen, dass die Erwartungen an den Staat in Deutschland schon auch groß sind“, urteilte der Hesse milde.

Landrätin Bettina Dickes (CDU, 52)

Landrätin Bettina Dickes (CDU, 52)

Foto: ZDF

Verblüffendstes Eingeständnis

Deshalb sei es „auch nicht immer einfach für die Bundespolitik, wirklich sehr ehrliche Antworten zu geben“, fügte Schwenke lächelnd hinzu, „denn die würden manchmal auch heißen, wir können bestimmte Dinge einfach nicht so schnell lösen.“

Wie bitte? „Wurden die nicht dafür gewählt?“, staunte Lanz. „Führung bedeutet doch: Ich gehe voran und sage euch, passt auf, Kinder, das geht jetzt nicht. Das müssen Eltern ja auch machen!“

Ungewöhnlichste Idee

„Das wäre ein gutes Experiment, wenn mal jemand mit dem Anspruch antritt, besonders wenig zu versprechen“, lachte der Oberbürgermeister. „Und wenn die Person hinterher sogar die Wahl gewinnt, ist vielleicht viel für Deutschland gewonnen!“

„Glauben Sie wirklich, dass die Leute so …?“, fragte der Talkmaster sichtlich irritiert. „Das klingt so paternalistisch, so nach dem Motto: Streichle denen dreimal über den Kopf, und dann verarschen wir sie ein bisschen, dann geht das so. Den Leuten ist doch die Wahrheit zuzumuten! Das ist doch Teil des Frusts!“

Härteste Wahrheit

„Ich dachte, wenn man etwas verspricht, stellt man sicher, dass das auch machbar ist!“, fügte Lanz hinzu.

„Nein“, antwortete die CDU-Landrätin. „Die Umsetzung hinterfragt man dann nicht. Wir sind ein allfürsorgender Staat. Wir versprechen viel, halten wenig, und dann kommt der Frust.“ Das war dann Butter bei die Fische.

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